Die unerwünschten Investoren

Wenn unternehmerische Pläne mit Anwohner-Interessen kollidieren, droht schnell eine Eskalation. Jeder sieht das Gemeinwohl auf seiner Seite, und die Politik hängt ihr Fähnchen oft nach dem Wind.

 Nicht mit uns: Wasserliescher Bürger protestierten bereits 2003 gegen den geplanten Kiesabbau am Ortseingang (großes Foto). Der Protest hält bis heute an – ebenso wie in Temmels, wo gegen einen Golfplatz, in Olk gegen einen ´Mega-Steinbruch und in Reinsfeld gegen die Erweiterung der Biogas-Anlage gekämpft wird (kleine Fotos von links) . Fotos: TV-Archiv: Andreas Jacob (1), Axel Munsteiner (1), Rudolf Höser (1), dpa (1)

Nicht mit uns: Wasserliescher Bürger protestierten bereits 2003 gegen den geplanten Kiesabbau am Ortseingang (großes Foto). Der Protest hält bis heute an – ebenso wie in Temmels, wo gegen einen Golfplatz, in Olk gegen einen ´Mega-Steinbruch und in Reinsfeld gegen die Erweiterung der Biogas-Anlage gekämpft wird (kleine Fotos von links) . Fotos: TV-Archiv: Andreas Jacob (1), Axel Munsteiner (1), Rudolf Höser (1), dpa (1)

Trier. "Es zermürbt auf Dauer, wenn man einfach nicht weiterkommt". Der Unternehmer Frank Bettendorf hat die Nase voll. Seit zehn Jahren kämpft er mit der Stadt Gerolstein um den Abbau von Lavasand. In allen Instanzen hat er gewonnen, der Kreis und die Fachbehörden sind auf seiner Seite. Zuletzt hat das OVG die Enteignung der städtischen Parzellen verfügt, die die Firma braucht, um an weitere Vorkommen auf seinem seit 30 Jahren beackerten Gelände heranzukommen. Es sei "sinnvoll, dass eine vorhandene Grube auch ausgebeutet wird", schrieben die Richter der Stadt ins Stammbuch.

Viel Geld, Zeit und Energie investiert



Doch die beschreitet den Instanzenzug bis zum bitteren Ende, auch mit Hinweis auf ein benachbartes Neubaugebiet, das vor Emissionen geschützt werden müsse. "Man weiß nicht, was schlimmer ist: Das Geld, was das alles kostet, oder die Zeit und Energie, die dabei verlorengehen", sagt Frank Bettendorf. Demnächst muss er nach Leipzig zum Bundesverwaltungsgericht.

So ähnlich geht es vielen Betreibern von Projekten, die aus unterschiedlichen Gründen unerwünscht sind. In Wasserliesch bei Konz unternimmt die Beton-Firma Wacht zurzeit den zweiten Anlauf, in Ortsnähe Kies abzubauen. Lärm- und Bodengutachten definieren das Vorhaben als unproblematisch, aber fast alle Anwohner haben sich dagegen ausgesprochen, wegen befürchteter Verschandelung des Landschaftsbildes - und weil sie den Gutachten nicht trauen.

Ein paar Kilometer weiter moselaufwärts läuft das Örtchen Temmels Sturm gegen einen geplanten "Golfpark" mit Golfplätzen, einem Hotel samt schicken Wohnungen, gerade mal fünf Minuten von der Luxemburger Grenze entfernt. Am Anfang war man sich einig, aber inzwischen tobt Krieg zwischen den Gemeinden Temmels (SPD-Mehrheit, contra) und Tawern (CDU-Mehrheit, pro). Die ohnehin gebeutelten Temmelser hätten den Großteil der Verkehrslast zu tragen. Die in Aussicht gestellten bis zu 200 Millionen Euro an Investitionen und die erhofften 150 Arbeitsplätze liegen auf Eis, die Gerichte müssen sich der Sache annehmen. Ende offen.

Den Bach bereits heruntergegangen ist das fünf Millionen Euro teure Pilotprojekt zur Erweiterung der Biogas-Anlage in Reinsfeld. Bürger in Hermeskeil und Hinzert-Pölert hatten mobil gemacht, sie fürchteten eine Geruchsbelästigung. Trotz Unterstützung durch den Verbandsbürgermeister kippte eine durch die Proteste aufgeschreckte Ratsmehrheit das ökologische Musterprojekt zur CO{-2}-Reduzierung. Da half es nicht einmal, dass diesmal sogar die sonst den Bürgeraufstand stets befeuernden Grünen ausdrücklich für die Erweiterung votierten.

Konflikte brauchen eine professionelle Moderation



Der Versuch, unliebsame Investoren loszuwerden, führt gelegentlich zu kuriosen Koalitionen. Gut in Erinnerung ist noch der verzweifelte Versuch, einen Standort für ein in der Region dringend benötigtes Krematorium zu finden. Die Suche dauerte Jahre, ging von Schweich über Speicher, Bitburg, Birkenfeld, Reinsfeld bis Üdersdorf. Fast überall hießen die auf Gewerbesteuereinnahmen bedachten Politiker das Projekt willkommen, doch dann gingen die Bürger auf die Barrikaden - obwohl es kaum ein rationales Argument gegen die Anlage gab. Im Hermeskeiler Industriegebiet war man schließlich mutig genug, und seit fast drei Jahren sind die Diskussionen verstummt.

Dafür wird im Örtchen Olk, das zur Sauer-Gemeinde Ralingen gehört, um so heftiger gestritten. Ein Mega-Steinbruch soll die Weltmarkt-Nachfrage nach Kalkstein befriedigen helfen. An die 250 Millionen Euro müsste man nach Experten-Schätzung investieren, um die Vorkommen im gewünschten Umfang auszubeuten - ein gigantisches Projekt, mit Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt bis hin zum Trierer Hafen. Aber auch mit massiven Konsequenzen für die Anwohner der vier betroffenen Gemeinden, die Widerstand angekündigt haben. Obwohl die Fläche laut Landesplanung genau für solche Vorhaben vorgesehen ist.

Der Konfliktstoff geht also nicht aus. Im Gegenteil, weitere Krisenherde dürften folgen. "Solche Konflikte brauchen eine professionelle Moderation", empfiehlt Charlotte Kleinwächter von der Lokalen Agenda in Trier.

Die Eskalation entstehe oft, "weil man sich nicht rechtzeitig an einen Tisch setzt". Wer Bürger einbeziehe und zu überzeugen versuche, "braucht zwar etwas länger, aber dafür ist er nachher auch auf der sicheren Seite".

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