Direktkandidaten, Briefwahl, Zweitstimme: Fragen und Antworten zur Bundestagswahl 2017

Trier · Wie wird gewählt, wer steht im eigenen Wahlkreis zur Wahl, wer darf wählen, wie läuft das mit der Briefwahl? Antworten auf wichtige Fragen zur kommenden Bundestagswahl.

Was ist der Bundestag?
Eine in geheimer, gleicher und unmittelbarer Wahl bestimmte Versammlung von Volksvertretern. Der Bundestag hat seinen Sitz in Berlin, im Reichstagsgebäude im Zentrum der Hauptstadt. Ursprünglich war in eben diesem die Volksvertretung des 1871 gegründeten Deutschen Reiches, eben der Reichstag, untergebracht. 1894 konnten die damaligen Parlamentarier erstmals eine Sitzung im Neubau abhalten. 1933 brannte das Reichstagsgebäude aus. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das schwer beschädigte Gebäude wieder instandgesetzt und ist seit 1999 offizieller Sitz des Bundestags, der Volksvertretung der Bundesrepublik Deutschland. Mehr Infos zum Gebäude auf der Internetseite des Bundestags.

Wann wird gewählt?
Am Sonntag, 24. September 2017. Die Wahllokale öffnen voraussichtlich von 8 bis 18 Uhr. Vorläufiges Endergebnis, Analysen und Fotos folgen dann im Laufe des Abends auf www.volksfreund.de/wahlenund am nächsten Tag in der Montagsausgabe des TV. Wer am Wahltag verhindert ist oder nicht das Wahlbüro aufsuchen kann, hat auch die Möglichkeit zur Briefwahl (siehe unten).

Ich bin 16. Darf ich wählen?
Leider nein. Den Bundestag dürfen nur deutsche Staatsbürger ab 18 Jahren wählen. Ausländer und Minderjährige sind also von der Wahl ausgeschlossen.

Wen wähle ich?
Die künftigen Abgeordneten des Bundestages, für einen Zeitraum von vier Jahren. Die letzte Wahl fand 2013 statt. Im Bundestag sind Abgeordnete der gleichen Partei in einer Fraktion zusammengeschlossen.

Welche Aufgaben haben diese Abgeordneten?
Der Bundestag nimmt im politischen System Deutschlands eine überaus wichtige Rolle ein: Die Volksvertreter (offizielle Bezeichnung: Mitglied des Bundestages, MdB) diskutieren und beschließen Bundesgesetze, wählen den Bundeskanzler und kontrollieren die Regierungsarbeit. Außerdem müssen sie die geplanten Ausgaben von Regierung und Verwaltung prüfen und billigen.

Der Bundestag beschließt also Gesetz. Und was ist mit dem Bundesrat?
Gesetzesentwürfe, die die Rechte und Pflichten der 16 deutschen Bundesländer betreffen, müssen vom Bundesrat, dem Vertretungsorgan der Länder, ebenfalls gebilligt werden. Dabei wird unterschieden zwischen Einspruchsgesetzen (der Bundesrat kann ein Veto einlegen, das allerdings vom Bundestag per Abstimmung zurückgewiesen werden kann) und Zustimmungsgesetzen. Diese bedürfen zwingend der Zustimmung des Rats. Andernfalls ist der Gesetzesentwurf gescheitert. Das betrifft Verfassungsänderungen, Auswirkungen auf die Finanzen der Länder sowie Organisations- und Verwaltungsverfahren von Landesbehörden. Nach Angaben der Bundeszentrale für politische Bildung sind mittlerweile 60 Prozent aller Bundesgesetze zustimmungspflichtig.

Zurück zum Bundestag: Wie viele Abgeordnete umfasst er?
598 Volksvertreter, laut Gesetz. Es könnten aber aufgrund von "Überhangmandaten" aber auch mehr sein (siehe unten).

Wer von diesen Abgeordneten vertritt denn künftig meinen Ort in Berlin?
Wählen kann man diejenigen Kandidaten, die im eigenen Wahlkreis zur Wahl stehen . So gehört die Stadt Trier zum Beispiel zum Wahlkreis 203, die Gemeinde Irrel aber zum Wahlkreis 202, und die Einheitsgemeinde Morbach zum Wahlkreis 200. In jedem Wahlkreis kämpft eine Anzahl von Bewerbern um das Votum der Bürger. Der Kandidat mit den meisten Wählerstimmen zieht das Los für Berlin - er oder sie stellt zusammen mit den anderen siegreichen Direktbewerbern exakt die Hälfte der Abgeordneten im künftigen Bundestag, nämlich 299.

Und die andere Hälfte ...?
... wird über die Landeslisten der Parteien in den Bundestag gewählt. Sie können also nicht direkt von den Bürgern gewählt werden, sondern ihre Kandidaturen (und die Position auf der Landesliste) wurden von den Mitgliedern der jeweiligen Parteien auf deren Parteitagen bestimmt. Abgeordnete aus der Region, die über eine Landesliste ins Parlament gewählt wurden, vertreten aber natürlich auch die Interessen ihrer Wähler an ihrer Heimatbasis, zumal sie auch als (unterlegener) Kandidat beim Kampf um die Erststimme vertreten sein könnten.

Ich kann also mehr als nur eine Stimme abgeben?
Jeder Wähler hat eine Erst- und eine Zweitstimme.

Welche Stimme ist wichtiger?
Die Zweitstimme. Sie regelt das Kräfteverhältnis im Bundestag. Wenn zum Beispiel Partei A 40 Prozent der Zweitstimmen erhält und die befreundete Partei B weitere 20 Prozent, haben A und B damit 60 Prozent der Sitze im Bundestag und somit eine Mehrheit für eine Regierungsbildung.

Was sind Überhangmandate?
Entscheidend ist die Zweitstimme. Wenn aber eine Partei aufgrund gewonnener Direktmandate (Erststimme) prozentual stärker im Parlament mit Abgeordneten vertreten wäre, als es ihr durch die Zweitstimme erlaubt sein würde, ist die Rede von Überhangmandaten. In einem solchen Fall erhalten die anderen Parteien um Bundestag zusätzliche Abgeordnetensitze (Ausgleichsmandate), um das durch die Zweitstimme vorgegebene Kräfteverhältnis wieder herzustellen. Aus diesem Grund gab es bei der Wahl 2013 29 Ausgleichsmandate und damit 631 Abgeordnete gesamt. Die zusätzlichen Sitze werden über die Landesliste gefüllt. Seit 2015 besteht der Bundestag aus 630 Abgeordneten, weil eine CDU-Vertreterin zurücktrat und ihr Mandat nicht neu besetzt werden konnte.

Gibt es keine Stimme für die Wahl des Bundeskanzlers?
Auch wenn der Begriff des "Spitzenkandidaten" oder "Kanzlerkandidaten" dies im Wahlkampf suggerieren könnte: Es gibt in Deutschland keine Direktwahl des Bundeskanzlers. Parteien wollen mit den Begriffen signalisieren, welcher Politiker aus ihren Reihen für das Amt des Regierungschefs (oder ein wichtiges Ministeramt) infrage kommt. Gewinnt die Partei eines solchen "Kanzlerkandidaten" allein oder in einer Koalition eine Mehrheit im Bundestag, dürfte diesem Spitzenbewerber der Kanzlersessel so gut wie sicher sein.

Stimmzettel ausgefüllt, Lieblingskandidaten angekreuzt … reicht doch, um in den Bundestag einzuziehen, oder?
Nicht ganz. Jede politische Gruppierung, die über die Zweitstimme im Bundestag vertreten sein will, muss mindestens fünf Prozent der abgegebenen Wählerstimmen gewinnen. Man sagt dazu auch "Fünfprozentklausel". Der Gesetzgeber will so sicherstellen, dass es im Parlament eine stabile Regierungsmehrheit gibt. Hintergrund sind historische Erfahrungen mit dem Parlamentarismus der Weimarer Republik (1919-1933).

Wenn ich gar nicht wählen will …?
…, kann man hierzu auch nicht gezwungen werden: Es gibt keine Wahlpflicht.

Und wenn ich wählen will, am Wahltag aber keine Zeit habe?
Dann hilft die Briefwahl weiter. Allerdings müssen Briefwähler genaue Fristen einhalten, andernfalls wird ihre Stimme nicht gezählt.

Briefwahl: Wählen über den Postweg

Wer am Wahltag nicht wählen kann, oder hierzu nicht in der Lage ist (eingeschränkte Mobilität, Abwesenheit), kann auch per Briefwahl abstimmen - und dies schon Wochen vorher. Das nehmen mittlerweile auch nicht wenige Wähler in Anspruch, bei der Wahl 2013 nutzte jeder Vierte die Briefwahl.

Briefwahl: Erst beantragen ...
Die Briefwahl ist unkompliziert, einige Feinheiten müssen aber beachtet werden: Zunächst muss mündlich bei der jeweiligen Gemeindeverwaltung oder schriftlich bis zwei Tage vor der Wahl (also Freitag, den 22. September 2017) ein Antrag auf Erteilung eines Wahlscheins mit den Briefunterlagen beantragt werden. Ausnahmen gelten bei plötzlicher Erkrankung, dann ist ein Antrag auch am Wahltag bis 15 Uhr möglich. Die Unterlagen können auch persönlich abgeholt werden. Ein telefonischer Antrag ist generell nicht möglich! Das Formular für den schriftlichen Wahlscheinantrag ist auf der Rückseite der Wahlbenachrichtigung abgedruckt. Es ist vom Wahlberechtigten auszufüllen und muss persönlich und handschriftlich unterschrieben werden. Möglich ist aber auch ein formloser Antrag, er muss nur Familienname, Vornamen, Geburtsdatum und Wohnanschrift (Straße, Hausnummer, Postleitzahl, Ort) beinhalten.

... dann ankreuzen, falten, verschließen und versenden
Den ausgehändigten Stimmzettel korrekt ausfüllen (Kreuzchen, keine Bemerkungen!), dann gefaltet in den Stimmzettelumschlag (blauer Umschlag) legen und verschließen. Auf dem ebenfalls beigefügten Wahlschein persönlich die eidesstaatliche Versicherung unterschreiben. Dann alles zusammen in den Wahlbriefumschlag (roter Umschlag) legen und diesen kostenfrei versenden oder bei der Verwaltung abgeben. Wichtig: Briefwahlstimmen, die am Wahltag erst nach Schließung der Wahllokale (18 Uhr) vorliegen, können nicht mehr bei der Auszählung berücksichtigt werden. Es ist also ratsam, den Briefwahlumschlag frühzeitig abzuschicken oder rechtzeitig persönlich abzugeben.

Quellen und mehr Infos zur Briefwahl:
http://www.wahlen.rlp.de/btw/kurz/index.html und
https://www.bundeswahlleiter.de/bundestagswahlen/2017/informationen-waehler/briefwahl.html

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Anmerkung: Letztes Update 5. September 2017.
Weitere Infos zur vergangenen Wahl 2013 finden Sie im volksfreund.de-Archiv.

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