Distanzierte Bewunderung

TRIER. Auch die Papst-Kritiker bewundern die charismatische Persönlichkeit Johannes Paul II. Doch ihr Lob hält sich in Grenzen. Sie werfen ihm vor, widersprüchlich und konservativ gewesen zu sein.

Man ist doch etwas überrascht, dass ausgerechnet Hermann Münzel den Papst bewundert hat. Dass er ihn für eine charismatische, begabte Persönlichkeit mit enormen Kommunikationsfähigkeiten hält, die sich auf andere Religionen zu- bewegt habe. Immerhin hat sich der Trierer Pfarrer im Ruhestand mit seiner Kritik an Kirche und Papst jede Menge Ärger eingehandelt.

Vor fünf Jahren wurde er vom damaligen Bischof Spital für drei Monate suspendiert, weil er beim Katholikentag in Hamburg an einem so genannten interzelebraren Gottesdienst, der von Priestern verschiedener Konfessionen gehalten wurde, teilgenommen hatte. Und als er vor zwei Jahren in der von ihm mit herausgegebenen kirchenkritischen Zeitung „imprimatur“ gegen die Haltung der Kirchenoberen zum gemeinsamen Abendmahl von evangelischen und katholischen Gläubigen wetterte, wurde er prompt von Bischof Marx getadelt. Und dieser Hermann Münzel soll nun ein Bewunderer des Papstes sein? Nicht ganz. Denn kaum hat er seine Bewunderung für den Papst ausgedrückt, folgt auch bereits die erwartete Einschränkung: Er habe viel zu wenig aus diesem Charisma gemacht. Nach außen hin habe er sich als politischer Papst gegeben, der zum Niedergang des Ostblocks beigetragen habe.

Allerdings werde sein Beitrag jetzt nach seinem Tod doch ziemlich verklärt. Doch innerkirchlich habe er sein Charisma nicht für Fortschritte einsetzen können. „Da war er nur hart und ungnädig“, kommentiert Münzel die Haltung des Papstes und meint damit das, was dieser Tage die Kritiker des Pontifex immer wieder erwähnen: keine Kompromisse bei der Schwangerenkonfliktberatung, striktes Verbot von Verhütungsmitteln, Ausschluss von wiederverheirateten Geschiedenen von der Kommunion. „Das ist alles so kleinlich, dass man diese sture Haltung angesichts seiner Fähigkeiten einfach nicht versteht.“ Auch seine „unglaubliche Härte“ gegen Kirchenkritiker wie den Tübinger Theologen Hans Küng, der vom Papst suspendiert wurde, sei absolut unverständlich. Ungnädig sei er mit seinen Kritikern gewesen, „einfach unsouverän“, sagt Münzel.

Einer dieser Kritiker ist auch der katholische Priester Gotthold Hasenhüttel. Der 71-Jährige wurde im vergangenen Jahr vom Papst suspendiert, nachdem er beim Ökumenischen Kirchentag im Mai 2003 zu einem gemeinsamen Abendmahl mit Protestanten eingeladen hatte. Auch er lobt das verstorbene Kirchenoberhaupt („Manche gute Worte“) – allerdings, wie nicht anders erwartet, nur sehr mäßig („Seine Taten standen weit hinter seiner Person zurück“). Für ihn war Johannes Paul ein „Janus-köpfiger Papst“: „Außenpolitisch“ habe er große Erfolge aufzuweisen wie zum Beispiel seinen Einsatz gegen den Irak-Krieg, aber „innenpolitisch“ habe er keinen Dialog geführt, nur unterdrückt. Daher müsse sein Nachfolger („Es wird ein lateinamerikanischer Opus-Dei-Mann“) alles, was in den vergangenen 26 Jahren „liegen geblieben“ sei, aufarbeiten: gleichgeschlechtliche Ehepartner, Anerkennung anderer Glaubensgemeinschaften und Rehabilitation von Kirchenkritikern. Der neue Papst müsse den Bruch zwischen der autoritären Institution Kirche und der Glaubensgemeinschaft, der Basis, zu kitten, sagt Hasenhüttel.

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