Doch kein "ganz normaler Vorgang"

Bei der regionalen Johanniter-Unfallhilfe soll es zu Beginn des Jahrzehnts finanzielle Unregelmäßigkeiten gegeben haben. Mehrere zehntausend Euro Steuern und Sozialversicherungsbeiträge seien nicht gezahlt worden, behauptet die Staatsanwaltschaft. Drei der seinerzeit Verantwortlichen stehen heute in Koblenz vor Gericht - darunter mit Petra Moske eine prominente Triererin.

Trier. Als der personelle Wechsel an der Spitze des Regionalverbands Trier-Mosel der Johanniter-Unfallhilfe (JUH) im Juni 2003 perfekt war, da schwadronierte ein Sprecher des JUH-Landesverbands von "einem ganz normalen Vorgang" und davon, dass das frühere Leitungsteam "gute Arbeit geleistet" und sich "stark engagiert" habe. Fünf Jahre später sorgen die offiziellen Aussagen von einst allenfalls noch für Erheiterung. Denn drei der um den damaligen Zeitpunkt herum in Trier verantwortlichen JUHler stehen heute vor der 10. Strafkammer des Koblenzer Landgerichts. Sie sollen - zugunsten ihres Arbeitgebers - den Fiskus und mehrere Sozialversicherungsträger um insgesamt rund 76 000 Euro betrogen haben, indem etwa die Überstunden von festangestellten Johannitern über (nicht lohnsteuerpflichtige) "Strohleute" abgerechnet wurden.

Gängige Praxis sei das damals gewesen, heißt es heute, nicht nur bei den regionalen Johannitern. Der mutmaßliche Schwindel flog auf, nachdem bei der Staatsanwaltschaft eine anonyme Anzeige einging - angeblich von einem ehemaligen Angehörigen der evangelischen Hilfsorganisation.

Ohne Geständnis droht monatelanger Prozess



Besonders peinlich ist die ganze Angelegenheit für die mitangeklagte ehemalige Geschäftsstellenleiterin des Johanniter-Regionalverbands, Petra Moske. Denn die 43-jährige Triererin hat sich inzwischen weit über die Grenzen der Region hinaus einen Namen gemacht. Der von ihr 1999 gegründete Verein "Nestwärme" kümmert sich um schwerstbehinderte Kinder und deren Familien. In vorbildlicher Art und Weise, wie Moske und ihrem Team mehrfach bescheinigt wurde.

Die große Angst ist nun, dass durch das Koblenzer Strafverfahren in Sachen Johanniter-Unfallhilfe auch der Trierer Verein "Nestwärme" in Misskredit gebracht werden könnte. Schon allein deshalb hat Moskes Verteidiger, der Trierer Rechtsanwalt Oliver Brand, seiner Mandantin geraten, einen mit Kammer und Staatsanwaltschaft geschlossenen "Deal" zu akzeptieren. Petra Moske wird vom Koblenzer Landgericht demnach heute zu einer Geldstrafe von höchstens 270 Tagessätzen verurteilt, wenn sie die Vorwürfe einräumt. Macht die 43-Jährige das nicht, droht ein wahrscheinlich monatelanger Prozess.

Um das zu vermeiden, werde man dem verabredeten "Deal" heute zustimmen - wenn auch zähneknirschend, sagt Rechtsanwalt Brand. Um Schaden von dem Verein "Nestwärme" abzuwenden, hat Petra Moske nach Angaben des Juristen sämtliche Abrechnungen des Vereins von den zuständigen Stellen überprüfen lassen - ohne Beanstandungen. Der "Nestwärme"-Beirat stehe daher auch geschlossen hinter der Gründerin und Vorsitzenden. "Wir haben keinerlei Zweifel an der persönlichen Integrität unserer Vorsitzenden und sichern ihr aus voller Überzeugung unsere Unterstützung zu", heißt es in einer dem TV vorliegenden schriftlichen Äußerung des Gremiums.

Petra Moske: Ich habe zu spät reagiert



Völlig anders dürfte dagegen die Stimmung bei den Offiziellen der Johanniter-Unfallhilfe sein. Denn ihnen treten Petra Moske und ihr Verteidiger in einer unserer Zeitung vorliegenden Stellungnahme gehörig ans Bein. Besser gesagt: Der Johanniter-Landesverband trägt nach Meinung von Oliver Brand die Alleinschuld und -verantwortung an der rechtswidrigen Entlohnungspraxis früherer Jahre. "Frau Moske hatte damals keinerlei eigenständige und eigenverantwortliche Entscheidungskompetenz", sagt Brand, dies habe der Landesverband nie zugelassen.

Petra Moske sagt, sie habe im Herbst 2002 in einer Besprechung mit den rheinland-pfälzischen JUH-Verantwortlichen sogar selbst auf die Missstände aufmerksam gemacht und schließlich sogar "die Kündigung meiner Arbeitsstelle in Kauf genommen", um dies zu ändern. "Mein Fehler war allerdings", sagte die 43-Jährige am Donnerstag im Gespräch mit unserer Zeitung, "dass ich damals nicht noch früher reagiert habe."

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