Dortmund bietet dem Terror die Stirn

Dortmund · Nach dem Anschlag auf den BVB-Mannschaftsbus sprechen die Ermittler von Terror. Auch die Kanzlerin verurteilt die "widerwärtige Tat". Das Motiv ist noch unklar, der Verein vermittelt aber eine klare Botschaft.

Dortmund (dpa) Terrorverdacht, Metallstifte in Sprengsätzen, offene Fragen zu Bekennerschreiben: Der mutmaßlich islamistische Anschlag auf den BVB-Teambus rückte das für Mittwochabend neu angesetzte Champions-League-Spiel völlig in den Hintergrund. Während die Profis von Borussia Dortmund versuchten, sich nach dem Schock wieder auf den Fußball zu fokussieren, offenbarten die Ermittler das ganze Ausmaß des heimtückischen Angriffs.
Es gebe möglicherweise einen islamistischen Bezug, berichtete Frauke Köhler, Sprecherin der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe und sprach von einem terroristischen Hintergrund der Tat. Ein Islamist sei festgenommen, seine Wohnung sowie die eines zweiten Tatverdächtigen aus dem islamistischen Spektrum seien durchsucht worden. Bei dem Sprengstoffanschlag mit zwei Verletzten bohrte sich auch ein Metallstift in die Kopfstütze eines Sitzes im Mannschaftsbus des Bundesligisten. "Wir können daher von Glück sagen, dass nichts Schlimmeres passiert ist", sagte Köhler.
Trotz aller beunruhigenden Nachrichten vermittelten die Verantwortlichen des BVB mit voller Vehemenz eine Botschaft: Kein Einknicken! "Wir spielen heute nicht nur für uns. Wir spielen für alle", betonte Club-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke, der am Vorabend erschüttert den Fans über das Stadionmikrofon vom Anschlag berichtet hatte. "Wir wollen zeigen, dass Terror und Hass unser Handeln niemals bestimmen dürfen."
Von Normalität war aber schon am Morgen an der Adi-Preißler-Allee im Dortmunder Nordwesten keine Spur. Beim Warmlaufen für das Königsklassen-Duell mit dem AS Monaco am Abend standen etliche Einsatzfahrzeuge vor der Anlage, weitere Wagen sicherten das Trainingsgelände.
"You'll never walk alone": Der Titel der legendären Südtribünen-Hymne kleidete das Gemeinschaftsgefühl auf einem Plakat in Worte - das auch den verletzt fehlenden Marc Bartra miteinschloss. "Wir sind alle geschockt und in Gedanken bei Marc", sagte Kapitän Marcel Schmelzer über den Spanier. Noch am Spieltag eilten viele Teamkollegen zu Bartra ins Krankenhaus, wo der an Hand und Arm verletzte 26-Jährige operiert worden war.
Den BVB-Profis war ihr Einsatz beim Spiel freigestellt. Viele Fans wollten sich die Neuauflage nicht entgehen lassen - schon mehrere Stunden vor Anpfiff standen zahlreiche Anhänger am Signal-Iduna-Park vor den Stadiontoren. Rucksäcke im Stadion waren nicht erlaubt.
In einem Telefonat mit BVB-Macher Watzke wünschte auch Kanzlerin Angela Merkel der Mannschaft, den Trainern und Fans alles Gute - und verurteilte den Anschlag als "widerwärtige Tat". Das Motiv war aber auch kurz vor Anpfiff noch unklar. Beide Tatverdächtige stammen Medienberichten zufolge aus der nordrhein-westfälischen Islamisten-Szene - ein 25-jähriger Iraker aus Wuppertal und ein 28-jähriger Deutscher aus Fröndenberg (Kreis Unna). Beiden werde eine Nähe zur Terrororganisation Islamischer Staat vorgeworfen.
Große Fragen werfen jedoch auch weiterhin unterschiedliche Bekennerschreiben auf. Am Anschlagsort wurden nach Angaben der Bundesanwälte drei Schriftstücke mit gleichem Text gefunden - dies ist nach Aussage von Experten ungewöhnlich. "Das hat es so noch nicht gegeben", sagte Terrorexperte Peter Neumann vom Londoner King's College der FAZ.
Neben der Forderung nach Abzug von Tornado-Kampfflugzeugen der Bundeswehr aus Syrien und Schließung des US-Luftwaffenstützpunktes Ramstein wird nach dpa-Informationen auch die Bundeskanzlerin in dem Schreiben namentlich genannt. "Aber anscheinend scherst du dich Merkel nicht um deinen kleinen dreckigen Untertanen. Deine Tornados fliegen immer noch über dem Boden des Kalifats, um Muslime zu Ermorden."
An der Echtheit eines weiteren Bekennerschreibens bestehen nach einer ersten Bewertung erhebliche Zweifel. In dem Schriftstück, das auf der Internetseite "linksunten.indymedia.org" veröffentlicht wurde, wird ein linksextremistischer Hintergrund des Anschlags behauptet. Die Europäische Fußball-Union versuchte, beruhigend auf Fans und Teams einzuwirken. Es gebe keine konkreten Hinweise der Sicherheitsbehörden auf eine Bedrohung, teilte die Uefa mit. Die Behörden in Nordrhein-Westfalen schlossen weitere Taten jedoch nicht aus und blieben in Alarmbereitschaft.
Extra: MARC BARTRA GEHT ES WIEDER BESSER


Dem beim Anschlag auf den Mannschaftsbus verletzten Dortmunder Fußballprofi Marc Bartra geht es nach eigenen Angaben "deutlich besser". Das schrieb der 26-Jährige am Mittwoch bei Twitter und Instagram auf spanisch und englisch. Auf einem Foto trägt der lächelnde Spanier einen Gipsarm und reckt den Daumen der gesunden linken Hand in die Luft. "Meine ganze Kraft widme ich meinen Mannschaftskameraden, den Fans und dem BVB für heute Nacht". Bartra war bei dem Anschlag an Hand und Arm schwer verletzt worden und wollte das Champions-League-Spiel der Borussia am Abend gegen AS Monaco im Fernsehen verfolgen.

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