Drei Gleichberechtigte an einem Tisch

Die Verhandlungen zur Bildung einer schwarz-gelben Koalition sollen am kommenden Montag im Kanzleramt beginnen. Dabei werden sich jedoch nicht zwei, sondern drei Parteien gegenüber sitzen: CDU, CSU und FDP. Alle mit einer siebenköpfigen Delegation - nur die CDU mit acht, weil die Kanzlerin extra zählt.

Berlin. Am Tag zwei nach der Wahl gerieten die künftigen Bündnispartner an mehreren Punkten inhaltlich aneinander: Die FDP, die sich eigentlich vorgenommen hatte, den künftigen Regierungspartner in der nächsten Zeit nicht mit öffentlichen Forderungen zu reizen, konnte gestern doch nicht an sich halten.

Ausgerechnet FDP-Generalsekretär Dirk Niebel wich als Erster von der erst am Montag im Parteipräsidium vereinbarten Linie der Zurückhaltung ab. Er verlangte eine umfassende Steuerreform im Koalitionsvertrag und verwies auf das "herausragende" Wahlergebnis seiner Partei.

"Wir beginnen mit den Familien, dann kommen die Geringverdiener", sagte Niebel schon ganz detailliert. Außerdem wolle die FDP den Gesundheitsfonds abschaffen.

Die bayerische FDP-Chefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hakte ebenfalls beim Gesundheitsfonds ein und sagte, trotz der Bestandsgarantie, die Angela Merkel dafür ausgesprochen habe, sei das letzte Wort noch nicht gesprochen. Zudem forderte die als Justizministerin gehandelte Politikerin "Gesetzesentschärfungen" bei etlichen Sicherheitsgesetzen der Großen Koalition. Das rief sogleich den amtierenden Innenminister Wolfgang Schäuble mit der Bemerkung auf den Plan, dass die Union der große Partner in dieser Koalition sei. "Unsere Handschrift wird also deutlich zu sehen sein."

Beim Steuerthema versuchte CDU-Parteivize Jürgen Rüttgers den künftigen Koalitionspartner auszubremsen. Senkungen könne es erst geben, wenn die Wirtschaft wieder gewachsen sei, sagte er.

Gestern waren die beiden künftigen Regierungsparteien vollauf mit der Organisation ihrer künftigen Fraktionen beschäftigt, die im Bundestag zu konstituierenden Sitzungen zusammentraten. Volker Kauder wurde dabei erneut zum Fraktionschef der Union gewählt und Guido Westerwelle auf FDP-Seite in diesem Amt bestätigt. Der Oberliberale übernimmt die Funktion aber zunächst nur kommissarisch, denn er will nach Abschluss der Koalitionsverhandlungen Außenminister werden.

Die Koalitionsverhandlungen sollen nach dem vereinbarten Fahrplan höchstens vier Wochen dauern. Neben der Steuerungsgruppe aus den Spitzen der drei Parteien wird es kleinere Arbeitsgruppen für die einzelnen Themenfelder geben. Die Koordinierung sollen voraussichtlich die Generalsekretäre der Parteien übernehmen.

Zur CDU-Delegation gehören neben Merkel der Generalsekretär Pofalla, Fraktions-Chef Kauder, die vier stellvertretenden Parteivorsitzenden Koch, Wulff, Rüttgers und Schavan sowie Kanzleramtsminister de Maizière. Bei der CSU werden unter anderem Seehofer, der Landesgruppenvorsitzende Ramsauer, Wirtschaftsminister zu Guttenberg und Generalsekretär Dobrindt verhandeln.

Die FDP will ihr Verhandlungsteam am Donnerstag benennen. Neben dem liberalen Parteipräsidium sollen dazu eventuell auch Vertreter aus Landesverbänden gehören, die Erfahrungen mit Koalitionsgesprächen mit der Union haben. Allen voran Leutheusser-Schnarrenberger, die in Bayern gerade mit Seehofer verhandeln musste und weiß, wie man mit der CSU umgeht.

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