EU-Parlament prüft deutschen Maut-Deal

Brüssel · Experten planen Befragung von EU-Kommissarin Bulc sowie eine Resolution gegen die Berliner Pläne.

Brüssel Der Maut-Deal zwischen der EU-Kommission und Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) soll ein Nachspiel im EU-Parlament haben. Mitte Februar soll EU-Verkehrskommissarin Violetta Bulc in einer Fragestunde im Plenum erklären, wie der Kompromiss zustande gekommen ist.
Anschließend will das Parlament eine Resolution beschließen, die mit der umstrittenen PKW-Maut für ausländische Fahrzeughalter in Deutschland hart ins Gericht geht. Im Entwurf für den Text, der unserer Zeitung vorliegt, wird betont, dass das Vertragsverletzungsverfahren, das die Kommission seinerzeit wegen der Abgabe gegen Deutschland eingeleitet hat, lediglich "angehalten" worden sei. Damit wollen die Autoren um den SPD-Verkehrsexperten Ismail Ertug betonen, dass die rechtlichen Bedenken keineswegs ausgeräumt sind.
Das Parlament will zudem festhalten, dass EU-weit jede Abgabe, die Autofahrer aufgrund ihrer Nationalität diskriminiere, ein Verstoß gegen EU-Recht ist. Die Kommission soll zudem über alle "rechtlich relevanten Aspekte aufklären", die dazu geführt haben, dass das zunächst eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren Ende November überraschend wieder außer Kraft gesetzt wurde.
Viele Verkehrsexperten gehen davon aus, dass EU-Kommissarin Violeta Bulc, die lange Zeit Widerstand gegen die PKW-Maut geleistet hat, bei der Einigung weitgehend außen vor war. Es heißt, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker habe den Kompromiss an ihr vorbei einfädeln lassen. Im Verkehrsausschuss hatte die Kommissarin dieser These nicht widersprochen.
Der Kompromiss sieht vor, dass die Kurzzeit-Vignetten für ausländische Autohalter deutlich günstiger werden. Dadurch dürften die Einnahmen aus der Abgabe sinken. Im Gegenzug hat die EU-Kommission das Vertragsverletzungsverfahren auf Eis gelegt. Die Bundesregierung muss nun Gesetzesänderungen durchsetzen. Mit einem Start der PKW-Maut ist daher frühestens 2018 zu rechnen. In Nachbarländern wie Belgien, Österreich und Niederlande regt sich immer noch Widerstand gegen die Abgabe.
Auch SPD-Verkehrsexperte Ertug will nicht locker lassen: "Die EU-Kommission hat ihren Widerstand zu leichtfertig aufgegeben. Niemand weiß, auf welcher Grundlage die Einigung zwischen Deutschland und der Kommission erfolgt ist." Der grüne Verkehrsexperte Michael Cramer sieht es ähnlich: "Dobrindts Maut ist alles andere als beschlossene Sache."
Der Widerstand gegen die anti-europäischen, unsozialen und unökologischen Pläne der CSU formiere sich gerade erst. Unionsabgeordnete im Europa-Parlament versuchen dagegen, die Resolution zu entschärfen. Die Wirtschaftspolitiker Markus Ferber (CSU) und Markus Pieper (CDU) machen sich dafür stark, dass alle Passagen der Resolution gestrichen werden, in denen Deutschland direkt kritisiert wird. Sie wollen den Streit um die PKW-Maut aus dem Bundestagswahlkampf heraushalten. Pieper wirbt im Gespräch mit unserer Zeitung dafür, den erzielten Kompromiss zu respektieren: "Diese Pkw-Maut ist sicher keine Herzensangelegenheit. Doch jetzt sollte das Thema durch sein."
Man brauche keine weitere äußere Einmischung in die deutsche Steuerpolitik. Seine Kollegen aus Frankreich und Österreich warnte er: "Sie sollten den Ball flach halten, sonst drohen Eigentore." Vielfach müssten dort ausländische EU-Autofahrer auch Maut zahlen, ohne in den Genuss von verschiedenen nationalen Entlastungsmaßnahmen zu kommen.

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