EXTRA: Wer ist der "geheime" Kardinal?

Auch drei Tage nach dem Tod von Papst Johannes Paul II. sind noch nicht alle Geheimnisse gelüftet. So ranken sich die Gerüchte derzeit vor allem um die Frage nach dem ominösen Kardinal "in pectore" (in der Brust/im Herzen). Wer ist bloß dieser Geistliche, dessen Namen der Papst bei der letzten Vollversammlung aller Kardinäle (Konsistorium) vor anderthalb Jahren nicht verraten wollte? 30 neue Kardinäle hatte Johannes Paul II. seinerzeit in Rom ihr rotes Birett überreicht. Namen, Alter und Herkunft des 31. Kandidaten aber behielt der Papst für sich ("Auch möchte ich mitteilen, dass ich einen weiteren hochverdienten Prälaten ernannt habe, dessen Namen ich mir "in pectore" vorbehalte"). Sicher ist somit nur: Es gibt diesen einen noch unbekannten Kardinal. Aufschluss geben kann vermutlich nur das Testament des am Samstag verstorbenen Pontifex’. Teile daraus, hieß es am Dienstag, würden heute veröffentlicht. Dass bei dieser Gelegenheit auch der "geheime" Kardinal "enttarnt" wird, gilt als wahrscheinlich; vorausgesetzt, Johannes Paul II. nimmt sein Geheimnis nicht mit ins Grab. Dass der Papst eine Personalentscheidung vorerst für sich behält, ist im Kirchenrecht geregelt und im Prinzip nichts Besonderes. Nicht nur im Vorfeld des letzten Konsistoriums 2003 ernannte Johannes Paul II. einen Kardinal "in pectore". Bei der Vollversammlung 1998 waren es zwei, 2001 ebenfalls. In der Regel werden die Namen der päpstlichen "Geheim"-Kardinäle in einem der nächsten Konsistorien "enthüllt". Erst ab diesem Zeitpunkt haben die Kandidaten auch die Rechte und Pflichten eines "normalen" Kardinals. Wie sich später herausstellte, handelte es sich 1998 um Geistliche aus Lettland und der Ukraine. Oft werden Kardinäle "in pectore" ernannt, weil die Betroffenen in ihren Heimatländern mit Repressalien oder politischer Verfolgung rechnen müssen. Weil dies so ist, glauben Kirchen-Insider auch den Namen des aktuellen "Geheim"-Kardinals zu kennen: Joseph Zen Ze-Kiun, Bischof von Hongkong. Als heißer Kandidat gehandelt wird aber auch der langjährige päpstliche Privatsekretär und polnische Bischof, Stanislaw Dziwisz. Sollte einer von beiden tatsächlich der von Johannes Paul II. 2003 "in pectore" Ernannte sein, bliebe das nicht ohne Auswirkungen auf das bevorstehende Konklave: Weil weder Dziwisz noch Zen Ze-Kiun älter als 79 Jahre ist, dürften sie den neuen Papst mitwählen.(sey)

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