Eigentore, Vorwürfe und Entrüstung

TRIER. Die Wellen der Entrüstung schlagen hoch bei Eintracht Trier. "Völlig zu Unrecht" sei der Klub in den Dunstkreis des Fußball-Wettskandals geraten, betonen die Verantwortlichen.

"Schon Stichproben ergaben erhebliche Zweifel daran, dass in der 2. Bundesliga alles mit rechten Dingen zugeht." Unter der Überschrift "Faules Spiel" berichtete die Tageszeitung "Die Welt" am Mittwoch darüber, dass noch mehr als die bisher bekannten Partien im deutschen Fußball manipuliert wurden. Als Beweise führt die Zeitung unter anderem an, dass ein englischer Internet-Anbieter von Sportwetten "alleine über 200 000 Euro" durch die Manipulation des Zweitliga-Spiels Erfurt - Burghausen verloren habe. Der Übeltäter war schnell ausgemacht: ein Kroate. Hrvoje Vukovic hatte per Eigentor für die Burghausener Niederlage am 12. November gesorgt. Balkankicker = Eigentor-Lieferanten?

Auch die Partie Eintracht Trier - Alemannia Aachen, die am 17. Oktober 0:4 aus Sicht der Eintracht endete, wird als manipuliert bezeichnet. "Die tschechische Wettgesellschaft Synottip nahm zwei Partien aus dem Angebot heraus: Essen gegen Köln, die bereits wegen eines eingestandenen Manipulationsversuchs untersucht wird, und Trier - Aachen. Hier verschuldete der Kroate Zoran Mamic zwei Treffer, darunter ein Eigentor", heißt es in der "Welt". In einem weiteren Artikel unter der Überschrift "Die Eigentorfabrik" wird darüber spekuliert, dass in Liga zwei deutlich mehr Eigentore fallen als im Oberhaus – der Schluss der "Welt": Manipulation. Auch hier wird Eintracht Trier wegen seiner fünf Eigentore im bisherigen Saisonverlauf als Beispiel genannt. Zitat: "Bei Eintracht Trier und Wacker Burghausen dagegen, wo Spieler aus Kroatien und weiteren Balkanländern dominieren, läuft die Produktion (von Eigentoren, die TV-Redaktion) dagegen weiter auf Hochtouren." Auch darüber echauffiert sich die Eintracht: "Wer die Eigentore gesehen hat, kann keinem unserer Spieler Absicht unterstellen. Wenn ich an die Eigentore von Milorad Pekovic gegen Erfurt und von Sebastian Pelzer gegen Aue denke, fällt mir nur ein: Wenn das Absicht war, müssten die beiden von ihrer fußballerischen Klasse in der Champions League spielen", sagte SVE-Vorstandssprecher Alfons Jochem gestern. Jochem, Trainer Paul Linz und Zoran Mamic stellten sich am Mittwoch der Presse – und immer wieder monieren sie pauschale Urteile über Kroaten. "Hier wird auf subtile Art und Weise ein Zusammenhang zwischen der so genannten kroatischen Wettmafia und der Nationalität unseres Spielers Mamic konstruiert", meint Jochem. Linz geht noch weiter: "Das ist doch lächerlich, nur weil Zoran Kroate ist. Das ist eine Frechheit. Für uns gibt es überhaupt keinen Grund, etwas Negatives über Zoran zu sagen." Auch der Spieler fühlt sich vom Wettskandal verfolgt: "Das ist eine Katastrophe für alle Kroaten, was derzeit passiert", meint er und verweist auf Josip Simunic von Hertha BSC Berlin, der völlig zu Unrecht verdächtigt worden war, in den Skandal verwickelt zu sein. "Es ist doch Blödsinn, alle Kroaten in einen Topf zu werfen. Wer sich etwas zu schulden kommen lassen hat, soll bestraft werden. Aber man kann doch nicht alle Kroaten über einen Kamm scheren." Schon gleich nach der Aufdeckung des Hoyzer-Skandals hätten die Eintrachtler vom Balkan zusammengesessen und festgestellt: "Wir stehen im Rampenlicht, nur weil wir Kroaten sind", sagt Mamic. Bei der Eintracht stehen fünf Kroaten unter Vertrag: Antun Labak, Dario Kresic, Igor Budisa, Mamic und Marijo Maric. Schon am 4. Februar hatte Mamic in einem TV-Interview gesagt: "Wir haben alle Angst. Nicht, weil wir mit dem Skandal irgendwas zu tun hätten – sondern weil im Moment so stark pauschaliert wird. Als wären alle Kroaten Mafiosi.” Nun ist auch die Eintracht in den Dunstkreis des Skandals geraten – aber das wollen sich Jochem, Linz & Co. nicht gefallen lassen. Sie haben bereits den Deutschen Fußball-Bund darüber informiert, dass sie rechtliche Schritte gegen die "Welt" planen – der renommierte Sportrechtsanwalt Horst Klettke wird die Interessen der Eintracht wahren. "Wir klagen auf Unterlassung. Was eine Gegendarstellung betrifft, rechnen wir, aufgrund der Formulierungen, mit geringen Chancen", sagte Jochem. Und demonstrativ stellten sich alle hinter Mamic: "Wir vertrauen ihm", meint Linz, "und lassen uns nicht beeindrucken." Auch die Mannschaftskameraden von Mamic sind schockiert: "Das ist eine Riesensauerei", meint Milan Drageljevic. Und das alles ausgerechnet einen Tag vor der großen Gala zum 100. Geburtstag. "Wir werden trotzdem feiern", lautet das einhellige Motto vor der heutigen Veranstaltung im Trierer Stadttheater.

EXTRA
Das Sportgericht des Deutschen Fußball- Bundes hat die vorerst letzte Entscheidung im Zuge des Wettskandals auf Dienstag vertagt. Die erste Instanz sah sich nicht im Stande, über den Einspruch des Karlsruher SC gegen die vom inhaftierten Dominik Marks geleitete 0:3-Niederlage gegen Zweitliga-Tabellenführer MSV Duisburg zu urteilen. „Dieser Fall ist zu bedeutsam und juristisch zu schwierig. Es ist der Auftrag eines Sportgerichts, sich die nötige Zeit zu nehmen“, sagte der Sportgerichts-Vorsitzende Rainer Koch.

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