Ein Hoch auf die Vielfalt der Nationen

Trier · In der Deutsch-Französischen Kindertagesstätte in Trier lernen Kinder aus 27 Ländern, wie das Zusammenleben gelingen kann.

Trier Die Familie von Emilie kommt aus dem Libanon, die ihrer Freundin Anissa aus Algerien. Für die beiden Sechsjährigen ist das nicht wichtig. "Das hier macht Spaß", lässt sich das lebhafte Mädchen entlocken, als sie kurz den Pinsel von dem Schild hebt, das die beiden bei diesem kleinen Sommerfest mit einem bunten Willkommensgruß in ihrer Landessprache verzieren.
Wenig später signalisieren sechs unter dem Applaus von Kindern und Eltern am Treppengitter montierte Schilder - bis zum Ende des Fests werden es noch mehr sein -, dass diese Kindertagesstätte etwas Besonderes ist. "Bei uns spielen und lernen Kinder aus 27 Nationen mit 19 unterschiedlichen Sprachen", sagt Dagmar Dénesz. Sie leitet die Deutsch-Französische Kindertagesstätte im Trierer Stadtteil Neu-Kürenz und ist wie ihre Kolleginnen sichtlich stolz; auf die Kinder und auf die Auswahl ihrer Einrichtung für das Programm "WillkommensKITAs" (siehe Infobox). "Bei uns wird das Anderssein der eigenen Person wertgeschätzt", versichert Dénesz . "Oft spielen die Kinder in Gruppen, da spricht jeder eine andere Sprache, und doch verstehen sie sich. Das ist bei uns Erwachsenen nicht so einfach."
Damit das gelingt, was als Integration in aller Munde ist, werden die Eltern aktiv miteinbezogen. "Wir gehen mit den Eltern eine Erziehungspartnerschaft ein. Das bedeutet, dass wir auch mit den Menschen aus anderen Kulturen neue Wege gehen wollen. Oft können uns diese Eltern anfangs gar nicht erzählen, was ihnen wichtig ist, weil sie die Sprache noch nicht beherrschen. Aber mit Projekten wie ,Eltern kochen für Eltern' kommen wir dennoch ins Gespräch."
Dabei kochen die Eltern landestypische Speisen zuhause und bringen sie zu einem gemeinsamen Essen mit. Der in landestypischer Sprache geäußerte Wunsch für einen guten Appetit ist der Beginn, um Hemmungen und Berührungsängste abzubauen. "Das ist bereichernder Elternabend, bei dem wir auch viele Dinge neu erfahren."
An diesem Abend wird auf dem Gelände der Kita gemeinsam gegrillt. Ralitza Mendova, deren Tochter Marina seit zweieinhalb Jahren in die Kita geht, hat erlebt, wie sich die Situation dort verändert hat. "Am Anfang gab es hier schon viele Nationen", sagt die Frau aus Bulgarien. "Jetzt sind es noch mehr, aber die Atmosphäre ist gut. Und zur Kochaktion der Eltern kommen dann wirklich fast alle." Triers Sozialdezernentin Angelika Birk nennt die Kita am Burgunderviertel eine "Pioniereinrichtung", mit der bereits die Brücke zu den französischen Nachbarn geschlagen worden sei, als Trier noch Garnisonsstadt war. "Auch für Flüchtlinge ist hier ein guter Ankommensort." Nun sollen andere Kindertagesstätten in Stadt und Region von den Erfahrungen dort lernen.
Emilie aus dem Libanon ist das ziemlich egal. Sie muss nun erst einmal die Farbe von ihren Fingern bekommen, bevor es ans Essen geht. "Es ist toll hier", ruft sie und rauscht weiter zum Waschbecken.
Ein Video von der WillkommensKITA sehen Sie unter ww.volksfreund.de/extra
Extra: MODELLPROJEKT WILLKOMMENSKITAS


Zwei Kindertagesstätten in Trier sowie je eine Einrichtung in Bitburg (Eifelkreis Bitburg-Prüm), Hermeskeil und Waldrach (Kreis Trier-Saarburg) nehmen an dem gemeinsamen Programm der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung (DKJS) Rheinland-Pfalz und der Nikolaus-Koch-Stiftung teil. Ziel ist es dabei, innovative Wege für die Integration von Flüchtlingskindern zu erarbeiten und Vorurteile abzubauen. Die Kita-Teams erhalten zusätzliche fachliche Unterstützung, zum Beispiel bedarfsorientierte Fortbildungen. Es werden Beziehungen zwischen Kindern, pädagogischen Fachkräften und Eltern verschiedener Kulturen geknüpft. Die Kinder und deren Eltern erleben, dass sie willkommen sind und dass ihre Beteiligung am gesellschaftlichen Leben erwünscht ist.

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