Ein Tourist der besonderen Art

LUXEMBURG. Mit militärischen Ehren wurde Bundespräsident Horst Köhler gestern in Luxemburg empfangen. Bis heute Mittag besucht er das Großherzogtum. Am Abend nahm er an der Eröffnung der neuen Philharmonie auf dem Kirchberg teil.

Allenfalls der rote Teppich, den drei Männer gegen halb vier noch von einer Rolle („Tapis coco rouge, 1 x 40 metres“) vor dem großherzoglichen Palast ausrollen, lässt erahnen, dass eine Stunde später hier ein Staatsgast empfangen wird. Doch der hohe Besuch, immerhin der erste Besuch von Bundespräsident Horst Köhler in Luxemburg, bringt die Menschen in der Hauptstadt nicht aus der Ruhe: Keine Absperrungen, keine Sicherheitskontrollen. Wer will, kann bis kurz vor den Palast inmitten der Luxemburger Altstadt spazieren. Ob denn hier etwas Besonderes passiere, will ein Japaner wissen.

Juncker ist der erste Offizielle

Die Antwort „the german president“ entlockt ihm ein freundliches „Aah“ und er geht weiter. Kurz vor 16 Uhr haben sich dann immerhin knapp 300 Menschen hinter der Absperrung versammelt, der Platz vor dem Palais ist mit deutschen und luxemburgischen Flaggen geschmückt. Die Ehrenformation der Luxemburger Polizei und des Musikkorps des Heeres marschiert musizierend auf. Ministerpräsident Jean-Claude Juncker trifft als erster Offizieller vor dem Palast ein, seine Frau Christiane steht hinter dem Absperrgitter unter den Zuschauern, gibt ihm ein Zeichen, er möge doch bitte sein Einstecktuch aus der Anzugjacke nehmen. Genervt wirft er ihr das gelb-schwarze Tuch zu. Mit dem „akkuraten Anziehen“ habe ihr Mann es nicht so, erklärt sie den Umstehenden. Gegen 16.25 Uhr öffnen sich die schweren Tore des Palastes. Großherzog Henri und seine Frau Maria Teresa kommen heraus, die Luxemburger klatschen.

Kurz darauf fährt, begleitet von sechs Polizeimotorrädern und etlichen schwarzen Limousinen der Tross des Bundespräsidenten vor. Horst Köhler und seine Frau Eva Luise steigen aus dem noblen Daimler mit dem schlichten Kennzeichen 1 und der Deutschland-Flagge auf dem Kotflügel aus, begrüßt vom großherzoglichen Paar. Wieder klatschen ein paar Zuschauer: „Hallo, Herr Präsident“, ruft ein älterer Mann aus Deutschland. Köhler winkt.

Während die First Ladies vornehm im Hintergrund bleiben, schreiten Köhler und der Großherzog die Ehrenformationen ab, die deutsche und die luxemburgische Nationalhymne werden gespielt. Danach Handschlag von Köhler für Mitglieder des Luxemburger Protokolls, darunter auch Juncker, den er auffallend herzlich begrüßt. Während die ersten Regentropfen für Abkühlung an diesem schwülen Nachmittag sorgen, gehen Köhler und der Großherzog in den Palast, dahinter folgen die First Ladies. Juncker bleibt draußen. Er gehe jetzt wieder nach Hause, sich ausruhen, am Montag sehe er ja Köhler wieder, erklärt seine Frau verdutzten Journalisten. Die beiden Staatsoberhäupter ziehen sich zu einem halbstündigen Gespräch zurück. Nichts Offizielles, nichts Staatstragendes sei dabei besprochen worden, heißt es. Gegen 17.30 Uhr geht Köhler zusammen mit seiner Frau und dem großherzoglichen Paar ein paar hundert Meter vom Palast zum Aussichtspunkt Corniche mit Blick über die Kasematten und die Reste der Bastion. Auch hier keine Straßensperren. Es regnet. Entspannt drein schauende Luxemburger Polizisten stehen im Kontrast zu aufgeregt per Handy oder „Knopf“ im Hemdsärmel telefonierenden deutschen Sicherheitsbeamten („Hast du den Geländewagen da vorn im Auge? „Was ist mit dem Mann im gelben Hemd?“).

Der Chef der luxemburgischen Tourist-Information, Roland Pinnel, erklärt Köhler selbst auf der wenig repräsentativen Strecke vom Palast nahezu jeden Stein und bringt damit fast den Zeitplan aus den Fugen. Um 18 Uhr geht es zurück in den Palast zum Essen. Die Motorradpolizisten sind abgefahren – zum Flughafen, wo sie die die niederländische Königin, die auch zur Eröffnung der Philharmonie gekommen ist, abholen. hw/fan

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