"Ein Zeichen, dass Glaube und Welt ineinander verwoben sind"

TRIER. Wozu braucht die Katholische Kirche Medienspektakel wie die Weltjugendtage? Wird das Großereignis über den Tag hinaus Bedeutung haben? Darüber sprach der TV mit dem Trierer Domvikar und Medienprofi Stephan Wahl.

Herr Wahl, Sie gelten als Medienprofi der Kirche und sind entsprechend in die Weltjugendtage involviert - was genau ist Ihr Job?Wahl: Diesen und nächsten Samstag spreche ich das Wort zum Sonntag, beide werden um die Weltjugendtage kreisen. Besonders wichtig wird aber die Willkommensfeier am Donnerstag, wenn der Papst in Köln empfangen wird. Dieses Großereignis werde ich zusammen mit Johanna Holzhauer vom WDR für die ARD kommentieren. Als so genannter Fernsehpfarrer gehört die Außendarstellung der Kirche zu Ihren Aufgaben - welche Bedeutung haben die Weltjugendtage in diesem Zusammenhang? Wahl:Ich sehe in den Weltjugendtagen in Köln wie in allen bisherigen Weltjugendtagen ein erfrischendes Zeichen. Wenn junge Menschen aus verschiedensten Nationen zusammenkommen - sich treffen, sich unterhalten, miteinander über die Zukunft der Welt sprechen und natürlich zusammen beten, singen und sich in ihrem Glauben stärken -, dann ist das ein wunderbares Zeichen von Kirche in der Welt, ein Zeichen von einer jungen Kirche. Das ist eine Botschaft, auf die ich mich sehr freue. Die Weltjugendtage sind nach dem Tod von Papst Johannes Paul II. und der Wahl seines Nachfolgers Benedikt XVI. die zweite große Inszenierung von Katholischer Kirche innerhalb kurzer Zeit. Brauchen Sie solche Medienspektakel? Wahl: In Rom haben wir ja gar nichts gemacht, das ist passiert. Es hat uns teilweise selbst überrascht, welch unglaubliches Echo der Tod von Johannes Paul II. und die Neuwahl von Papst Benedikt XVI. in den Medien auslöste. Manchmal stellte sich eher die Frage, ob man nicht zurückhaltender sein sollte. Aber diese Resonanz war ein Zeichen, dass sich die Menschen nach Halt und Orientierung sehnen und dass sie gar nicht so fern sind von der Botschaft der Kirche. Einer Umfrage zufolge kommen die Weltjugendtags-Besucher eher zum Shoppen und zum Sightseeing nach Köln als wegen des Glaubens. Wo verläuft die Grenze zwischen einem öffentlichkeitswirksamen Event, von dem die Kirche profitiert - und Entwicklungen, die ihrem Image schaden?Wahl: Bei solchen Umfragen bin ich immer sehr vorsichtig. Auf der anderen Seite ist eines klar, wenn junge Leute die primäre Zielgruppe sind: Sie werden nicht nur aufs Marienfeld und in den Dom gehen, sondern auch durch die Stadt ziehen. Sie werden einen trinken gehen und Party machen. Das ist überhaupt nicht schlimm. Denn es wird eben auch das andere geben - und das ist dann ein Zeichen, dass Glaube und Welt nicht zwei voneinander getrennte Gebiete sind, sondern ineinander wirken und ineinander verwoben sind. Was die Medien daraus machen, ist eine andere Frage. Es wird positiv kommentiert werden, und es wird negativ kommentiert werden - je nach Grundeinstellung der einzelnen Journalisten. Wir haben über die Bedeutung der Weltjugendtage für die Außenwirkung der Kirche gesprochen. Wie sollen sie nach Innen wirken, innerhalb der Katholiken? Wahl: Es wäre schön, wenn die Weltjugendtage für die deutsche Kirche eine Erfrischungskur wären. Und zwar dahingehend, dass sie sich vom Optimismus Jugendlicher anstecken lässt. Wir haben viele Probleme in Deutschland, unbestritten. Wir haben auch sehr viele Probleme in der Kirche. Aber in anderen Ländern sind die Probleme ungleich größer, und es gibt dort nicht so viel Schwarzmalerei wie bei uns. Von diesem Optimismus, der auch durch Glauben bewirkt wird, wünsche ich mir ein bisschen mehr in Deutschland. "Wir sind gekommen, um Ihn anzubeten" heißt das Motto der Weltjugendtage, das oft kritisiert wird, weil es wenig Raum für inhaltliche Auseinandersetzungen impliziert. Ist es geeignet, der Kirche die von Ihnen erhoffte Erfrischungskur zu verpassen?Wahl: Über Leitsprüche kann man immer unterschiedlicher Meinung sein. Dieses Motto ist gewählt worden, weil es mit den Heiligen Drei Königen zu tun hat, die im Kölner Dom verehrt werden und die das Kind in der Krippe angebetet haben. Das Signal ist: Es gibt nichts in der Welt, vor dem ein Christ in die Knie zu gehen braucht, außer Jesus Christus selbst. Nicht der Papst ist der Mittelpunkt, zu dem die Jugendlichen nach Köln strömen, sondern Jesus Christus. Wird man "Nachbeben" der Weltjugendtage auch im Bistum Trier spüren? Wahl: Ich hoffe, dass die Jugendlichen aus aller Welt, die während der Tage der Begegnung hier zu Gast sind, auch ein bisschen neuen Schwung in unsere Trierer Kirche bringen - der es ja insgesamt ganz gut geht, die aber immer den Schwung der Jugend gut gebrauchen kann. S Mit Domvikar Stephan Wahl sprach TV-Redakteurin Inge Kreutz.

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