Eine Affäre überschattet alles

Die Nürburgring-Affäre hat die Landespolitik in diesem Jahr kräftig durchgewirbelt. Zum ersten Mal in seiner 15-jährigen Amtszeit hat Regierungschef Kurt Beck einen Minister verloren - und der gestrauchelte Finanzexperte Ingolf Deubel war ein Schwergewicht im Kabinett.

 Die Affaire um den Nürburgring war in diesem Jahr das Top-Thema in der rheinland-pfälzischen Landespolitik. TV-Foto: Archiv/Hans-Jürgen Vollrath

Die Affaire um den Nürburgring war in diesem Jahr das Top-Thema in der rheinland-pfälzischen Landespolitik. TV-Foto: Archiv/Hans-Jürgen Vollrath

Mainz. Der Landtag und seine Ausschüsse, ein im September eingesetzter Untersuchungsausschuss, der Landesrechnungshof, die Staatsanwaltschaft Koblenz: Sie alle haben sich 2009 mit den Vorgängen rund um das mehr als 300 Millionen Euro teure neue Freizeit- und Geschäftszentrum in der Eifel befasst und werden dies auch im kommenden Jahr tun. Die Rennstrecke war das alles dominierende Thema. Die früher bei Formel-1-Fahrern gefürchtete "Grüne Hölle" wurde für manchen zum persönlichen Debakel. Neben Finanzminister Deubel schleuderten Walter Kafitz, Hauptgeschäftsführer der weitgehend landeseigenen Nürburgring GmbH, und deren Finanzchef Hans Lippelt aus der Kurve.

Die Hauptbestandteile der komplexen Affäre: Das Projekt verteuerte sich von ursprünglich kalkulierten 150 Millionen Euro auf mehr als das Doppelte, eine zweimal versuchte Privatfinanzierung scheiterte an mutmaßlichen Betrügern, Pannen in Serie beherrschten das Bild. So funktioniert eine der Hauptattraktionen, die angeblich schnellste Achterbahn der Welt, noch immer nicht. Bei einem Unfall während eines Probelaufs wurden mehrere Menschen verletzt. Im Dezember, nur fünf Monate nach der Eröffnung des Zentrums, steuerte die Landesregierung um und präsentierte ein "Zukunftskonzept". Die Privatisierung des Betriebs soll Millionenverluste verhindern und dafür sorgen, dass keine Steuergelder fließen.

Lange konnte die Opposition Honig aus der Affäre saugen - bis sich die CDU selbst ein Bein stellte. Die beiden Landtagsabgeordneten Michael Billen und Peter Dincher beschafften sich interne Daten aus der Polizei-Datenbank Polis über ehemalige Geschäftspartner der Nürburgring GmbH, was im Falle Dinchers zum Mandatsverzicht führte. Der Eifeler Billen geriet unter massiven internen Druck, Selbiges zu tun, weigert sich jedoch standhaft. Man darf gespannt sein, ob und wie er Mitte Januar auf die landespolitische Bühne zurückkehrt.

Für die Union stellt nicht nur die Schnüffelei in Polizeidaten ein missliebiges Thema dar. Noch immer nicht ausgestanden ist die Affäre Hebgen um den ehemaligen Fraktionsgeschäftsführer, der in die Fraktionskasse gegriffen haben soll. Der mit Spannung erwartete Bericht des Landesrechnungshofes lässt auf sich warten. Es zeichnet sich jedoch bereits ab, dass die CDU zumindest 386 000 Euro an den Landtag zurückerstatten muss, deren Verwendung sie nicht nachweisen kann. Möglicherweise drohen darüber hinaus Strafzahlungen in dreifacher Höhe, sofern sich bestätigt, dass das Geld illegal für Wahlkampfzwecke verwendet wurde. Immerhin ist es den Christdemokraten gelungen, mit der ehemaligen deutschen Weinkönigin Julia Klöckner als designierter Spitzenkandidatin für die Landtagswahl 2011 eine Hoffnungsträgerin zu präsentieren. Der 36-Jährigen trauen nicht wenige zu, am Thron von Kurt Beck zu rütteln.

Die Landesregierung hat in diesem Jahr neben dem Nürburgring andere große Projekte verfolgt. Dazu zählt die Entwicklung des Flughafens Hahn. Nach dem Ausstieg des Mehrheitsgesellschafters Fraport AG übernahm das Land dessen Anteile. Der Umbau des Terminals beginnt in diesen Tagen - er soll nur noch halb so teuer werden wie von der Fraport geplant. Darüber hinaus schickt sich die neue Entwicklungsgesellschaft Hahn (EGH) an, brachliegendes Potenzial rund um den Hunsrück-Flughafen zu wecken.

Kaum Protest gegen Kommunalreform



Ein großes Thema ist und bleibt auch die Kommunal- und Verwaltungsreform. Kleine, nach Ansicht der Landesregierung nicht überlebensfähige Verbandsgemeinden sollen mit größeren fusionieren. Ferner sollen 64 Aufgaben verschiedener Ebenen und Behörden neu geregelt werden. Der Protest hält sich bislang in Grenzen.

Unter Dach und Fach gebracht ist die Schulreform mit der Einführung der Realschule plus. Sie bringt das Ende der Hauptschulen mit sich. Eltern schulpflichtiger Kinder werden sich an diese neue Schulform gewöhnen müssen. Erleichtern mag ihnen dies eine von allen Fraktionen beschlossene Entlastung indem teure Schulbücher nicht mehr gekauft werden müssen, sondern gegen eine Gebühr ausgeliehen werden können.

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