"Eine gute Investition in die Zukunft"

TRIER. Die Festansprache von Bundeskanzler Gerhard Schröder markiert heute den Höhepunkt der dreitägigen Jahreskonferenz des Bundesverbandes Deutscher Stiftungen in Trier. Seit Mittwoch beraten die Vertreter von mehr als 1000 Stiftungen über ihre zukünftige Arbeit. Schwerpunkt ist dabei die Rolle der Stiftungen in einem zusammenwachsenden Europa.

Welche Bedeutung kommt Stiftungen im kulturellen und sozialen Leben Deutschlands heute zu?Schröder: Die Stiftungen leisten einen großen Beitrag zum Gemeinwohl in Deutschland. Ihre Zahl hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Mittlerweile gibt es in Deutschland deutlich über 10 000 Stiftungen. Ich finde das beeindruckend. Das zeigt, dass sie ein unverzichtbares Element der Zivilgesellschaft sind. Plant die Bundesregierung weitere Maßnahmen zur Erleichterung und Stimulierung der Bereitschaft, private Vermögen und Nachlässe in Stiftungen zu investieren?Schröder: Die Bundesregierung hat bereits vor vier Jahren die gesetzlichen Grundlagen für eine bessere steuerliche Förderung von Stiftungen geschaffen. Zudem haben wir das Prozedere, um Stiftungen neu zu gründen, stark entbürokratisiert und vereinfacht. Das hat einen regelrechten Boom an Stiftungsgründungen ausgelöst. Im Durchschnitt entstehen jetzt pro Tag drei neue Stiftungen. Daher, glaube ich, haben wir keinen weiteren Bedarf an neuen Regelungen. Halten Sie die Stiftungsfreude der Amerikaner für ein Vorbild, dem man nacheifern sollte?Schröder: Es stimmt: Pro Kopf der Bevölkerung gibt es in den USA mehr Stiftungen als bei uns. Aber wir sind mit dem Anwachsen der Stiftungen in Deutschland auf einem guten Weg. Immer mehr Bürgerinnen und Bürger sind bereit, ihr privates Vermögen für gemeinwohlorientierte Belange einzusetzen. Das macht deutlich: Viele Menschen haben Vertrauen in die Zukunft unseres Landes, und sie wollen Gutes für unsere Gesellschaft tun. Das müssen wir weiter unterstützen. Sehen Sie nicht die Gefahr, dass zunehmend freiwillige Aufgaben der öffentlichen Hand einfach auf eine private Finanzierungsebene verlagert werden?Schröder: Nein, diese Gefahr sehe ich nicht. Stiftungen sind aufgrund ihrer materiellen Basis unabhängig. Sie entscheiden selbstständig, wofür sie ihr Geld einsetzen. Das ist ihre Stärke. Deshalb glaube ich kaum, dass Stiftungen Aufgaben der öffentlichen Hand übernehmen. Das kann auch gar nicht unser politisches Ziel sein. Es geht darum, dass die Zivilgesellschaft mehr Verantwortung übernimmt, es geht nicht darum, dass der Staat sich seiner Aufgaben entledigt. Können Sie sich vorstellen, welchen Zweck eine zu gründende Gerhard-Schröder-Stiftung unterstützen würde?Schröder: Die Friedrich-Ebert-Stiftung wird ein Stipendium zur Studien- oder Graduierten-Förderung vergeben, das meinen Namen trägt. Das ist ein gutes Projekt, das mit Spenden, die anlässlich meines 60. Geburtstages getätigt wurden, finanziert wird. Ich finde, dies ist eine gute Investition in die Zukunft. Die Fragen stellte TV-Redakteur Dieter Lintz.

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