Erfolgsquote kontra Persönlichkeitsschutz

BERLIN. Nach dem erfolgreichen Einsatz des so genannten genetischen Fingerabdrucks im Moshammer-Mordfall soll die Gen-Analyse bei der Verbrechensbekämpfung zum Standard werden. Doch noch gibt es rechtliche Hürden.

Der Fall Moshammer hat den Streit über eine Ausweitung von DNA-Tests zur Verbrechensbekämpfung neu entfacht. Die Polizei war dem mutmaßlichen Mörder des Münchner Modeschöpfers mit einer Analyse des Genmaterials auf die Spur gekommen. Für Bayerns Innenminister Günther Beckstein ist der auch als genetischer Fingerabdruck bekannte Test eine eindrucksvolle Erfolgsgeschichte. "Die Konsequenz muss sein, dass die DNA-Analyse immer dann zulässig sein soll, wenn auch eine erkennungsdienstliche Behandlung zulässig ist", meinte Beckstein. Dazu will der Freistaat jetzt im Bundesrat aktiv werden. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, wehrt sich indes vehement, einen "normalen" Fingerabdruck samt Lichtbildern für die Polizei-Akte mit den Gentests auf eine Stufe zu stellen. "Der Fall Moshammer belegt zunächst einmal, dass die geltenden rechtlichen Instrumente für DNA-Tests sehr effektiv funktionieren", sagte Schaar unserer Zeitung. Das kriminalwissenschaftliche Verfahren dieser biologischen Identifizierung ist seit acht Jahren in der Strafprozessordnung geregelt. Die gewonnenen Informationen werden beim Bundeskriminalamt (BKA) gespeichert. Gegenwärtig sind dort rund 380 000 Datensätze erfasst. Durch die Untersuchung des menschlichen Zellenmaterials ist es möglich, den Täter nahezu zweifelsfrei zu identifizieren. Schon ein ausgefallenes Haar, aber auch Speichel oder abgerissene Fingernägel reichen für eine DNA-Untersuchung aus. Aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes hat der Gesetzgeber rechtliche Hürden aufgestellt. So ist die Entnahme und Untersuchung von Körperzellen nur erlaubt, wenn es sich um Straftaten von erheblicher Bedeutung (wie Mord) handelt. Seit dem Vorjahr fallen darunter auch alle Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. Ohne richterliches Einverständnis ist eine Speicherung der Daten nicht möglich. Datenschützer Schaar sieht keinen Anlass, an diesen Regelungen grundsätzlich etwas zu ändern. "Das zentrale Problem besteht darin, dass Gentests ein Potenzial haben, das weit über den herkömmlichen Fingerabdruck hinausgeht." Derzeit würden zwar nur bestimmte Merkmale ausgewertet. Aber die Tests enthielten mehr Informationen bis hin zu bestimmten Krankheitsbildern. Schaar verwies auch auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das in diesem Zusammenhang von einem deutlichen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte gesprochen hatte. Lediglich bei anonymen Tatortspuren - dabei geht es beispielsweise um Haare oder Blut ohne konkrete Zuordnung - hält der Datenschutzbeauftragte den hier erst vor zwei Jahren eingeführten Richtervorbehalt für verzichtbar.Polizeiverbände sind Feuer und Flamme

Die Union hat dafür schon eine konkrete Gesetzesänderung in der Schublade. Ihr Rechtsexperte Norbert Röttgen plädierte zugleich dafür, den "genetischen Fingerabdruck" künftig genauso wie einen herkömmlichen Fingerabdruck zu behandeln. Bei den Polizeiverbänden rennt die Opposition damit offene Türen ein. Während Grüne und FDP "aus Sicht der Bürgerrechte" eine Aufweichung der strengen Regelungen ablehnen, gibt es in der SPD zumindest einzelne Stimmen, die das Gegenteil postulieren: "Ich kann nicht erkennen, dass der Persönlichkeitseingriff bei einem DNA-Test größer ist als bei einem Fingerabdruck", sagte der innenpolitische Sprecher, Dieter Wiefelspütz, unserer Zeitung.

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