Ermittler: Griff zur Waffe war vermeidbar

Für die Ermittler ist der Fall abgeschlossen: Die beiden Polizisten, die vor neun Monaten auf einen Belgier geschossen haben,verhielten sich laut Gesetz richtig, hätten die Schüsse aber vermeiden können.

 Der Tatort in Großlittgen am 18. Februar 2009: Kripobeamte sichern Spuren (links). Rechts der Kastenwagen, in dem der Belgier durch einen Schulterschuss verletzt wurde. Der Mann hatte nichts mit dem Banküberfall zu tun. TV-Fotos: Sonja Sünnen (1), Agentur siko (2)

Der Tatort in Großlittgen am 18. Februar 2009: Kripobeamte sichern Spuren (links). Rechts der Kastenwagen, in dem der Belgier durch einen Schulterschuss verletzt wurde. Der Mann hatte nichts mit dem Banküberfall zu tun. TV-Fotos: Sonja Sünnen (1), Agentur siko (2)

Trier. Koen Hendrixx hatte Todesangst. Kurz nachdem zwei Polizisten am 18. Februar auf ihn geschossen hatten, weil sie glaubten, er habe etwas mit dem kurz zuvor begangenen Überfall auf die Sparkassenfiliale in Großlittgen zu tun, sagte er in einer ersten Vernehmung: "Ich dachte, ich muss sterben." Eine Kugel aus einer Polizei-Maschinenpistole hatte ihn während des Fahrens von hinten getroffen und seinen rechten Lungenflügel getroffen. Schwer verletzt und fast bewusstlos raste er, verfolgt von dem Zivilstreifenwagen der beiden Polizisten, in das kleine Dorf Dodenburg. Im Hof einer Gaststätte brach er dann zusammen, mit dem Rettungshubschrauber wurde er nach Trier ins Krankenhaus geflogen. In einer Notoperation wurde der 37-jährige Spediteur gerettet.

Was sich wirklich auf dem Waldweg an der Kreisstraße 40 zwischen Sehlem und Dodenburg (Bernkastel-Wittlich) an diesem Morgen zutrug, steht auch neun Monate danach noch nicht zweifelsfrei fest. Die beiden Streifenpolizisten waren mit dem Zivilwagen auf der K 40 unterwegs, als sie den schwarzen Kastenwagen von Koen Hendrixx im Wald stehen sahen. Über Funk hatten sie nur die spärliche Information, dass der Bankräuber in einem silbergrauen Kombi geflüchtet sei und einen langen schwarzen Mantel trage. Doch die Verbindung zur Einsatzleitung riss wegen eines Funkloches ab.

Daher konnten die beiden Beamten, die von ihren Anwälten, als besonnen und als "keine Rambos" bezeichnet werden, keine Verstärkung rufen, als sie den Wagen mit belgischen Kennzeichen im Wald stehen sahen.

Sie beschlossen, den Fahrer des Autos zu kontrollieren, fuhren mit ihrem Wagen neben das Auto von Hendrixx. Laut den Aussagen der beiden Polizisten hatte der Beamte auf dem Beifahrersitz zunächst die Polizeikelle hochgehoben, bevor er seine Maschinenpistole zeigte. Hendrixx hatte ausgesagt, dass die Polizisten, die er als "zwei kräftige, dunkel gekleidete Männer" beschrieben hatte, sich nicht als Polizisten zu erkennen gegeben hätten. Die Beamten sagten laut Leitendem Oberstaatsanwalt Jürgen Brauer zudem, dass sie kugelsichere Westen mit der Aufschrift Polizei getragen hätten.

Als Hendrixx aus Angst vor einem Überfall floh, schossen die Beamten auf den Wagen. Der Belgier erinnerte sich später an eine "ganze Salve" von Schüssen. Die Rekonstruktion des Geschehens durch Spezialisten des Bundes- und Landeskriminalamtes hat ergeben, dass vier bis fünf Mal mit der Maschinenpistole geschossen worden war und aus der Dienstpistole des anderen Beamten zwei Schüsse abgefeuert worden waren. "Nachdem sie durch das Zeigen der Maschinenpistole den Schusswaffengebrauch angedroht und einen Warnschuss abgegeben hatten, war der Einsatz der Waffen nach dem Landespolizeigesetz gerechtfertigt", sagt Brauer. In dem Gesetz heißt es: "Schusswaffen dürfen gegen Personen nur gebraucht werden, … um eine Person anzuhalten, die sich der Festnahme oder Identitätsfeststellung durch Flucht zu entziehen versucht, wenn sie eines Verbrechens dringend verdächtig ist." Doch laut Brauer hätten die beiden Polizisten bei genauerer Überprüfung feststellen können, dass der Belgier nichts mit dem Überfall zu tun hatte.

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