Erst der Abgeordnetensitz, dann ein Chefsessel

KIRSCHWEILER. Er ist der Jüngste unter den Kandidaten aus der Region, die ins Europa-Parlament einziehen wollen: Christoph Giesa, 23 Jahre alt, aus Kirschweiler. "Jung sein allein ist noch kein Qualitätsmerkmal", sagt der Hunsrücker. Wie er sich sieht, warum er in die Politik gegangen ist und was er sonst so macht, erzählt er im TV -Porträt.

" www.macht-euch-frei.de";. Wenn diese Internet-Adresse so zwielichtig wäre, wie sie wirkt, würde Christoph Giesa sie wohl kaum weiß auf schwarz auf seiner Brust tragen. Von wegen nackte Haut! Wer diese Buchstaben in den Computer tippt, landet vielmehr bei nackten Zahlen: Dass Christoph Giesa 1980 zur Welt kam, erfährt man dort, dass er 2000 in Mannheim sein Betriebswirtschafts-Studium aufnahm, seit 2001 nebenher für eine Unternehmensberatung arbeitet, in der er es inzwischen zum Assistenten der Geschäftsleitung gebracht hat. Und dass er 1999 in die FDP eintrat, die ihm verschiedene Ämter anvertraute und ihn im März 2004 mit 86,9 Prozent der Stimmen auf Platz neun ihrer Bundesliste zur Europawahl setzte.Seither reist Giesa von Podiumsdiskussion zu Infostand und beantwortet Fragen wie die, warum er so anders ist als seine ach so politikverdrossenen Altersgenossen. "Politik hat mich immer interessiert. Wenn einen etwas ärgert, muss man etwas tun, statt zu meckern." Christoph Giesa ärgert einiges: Die "blinde" deutsche Unterstützung für China und die "Milliarden aus Europa" für Russland - ungeachtet der Menschenrechts-Verletzungen dieser Staaten. Dass beim Euro-Stabilitätspakt "die großen Staaten Politik auf Kosten der kleinen" machten. Oder dass die Europäische Agrarpolitik zur "Planwirtschaft" verkommen sei.Jung sein und sich für Europa engagieren - für den jungen Liberalen passt das perfekt zusammen: "Meine Generation ist europäischer als alle anderen vor uns. Wir definieren uns vielleicht nicht unbedingt als Europäer, aber wir leben so. Reisen nach Italien statt in den Schwarzwald, fahren über die Grenze tanken, sprechen Englisch und Französisch." Und manchmal auch noch Portugiesisch und Spanisch. Wie Giesa."Ich habe zurzeit drei Betten"

Im Umgang mit Wählern, sagt er, sei sein Alter kein Problem: Die Leute begegneten ihm offen und seien gespannt auf ihn. Stress pur ist die Wahlkampfzeit allerdings selbst für junge Hüpfer wie ihn: "Ich habe zurzeit drei Betten. Eins hier in Kirschweiler bei meinen Eltern, eins in Mannheim und eins in der Mainzer FDP-Geschäftsstelle." Muss er durchatmen, hockt er sich auf die Terrasse seines Elternhauses und saugt mit der frischen Hunsrück-Luft auch die beruhigenden Landschaftsbilder auf: Wiesen, Wald, Berge. Entspannende Freizeitbeschäftigungen? "Mein größtes Hobby ist die Politik", sagt Giesa. "Aber ich spiele auch Tennis und Fußball, und ich feiere gerne." Zieht Giesa ins Europa-Parlament ein - Chancen dazu rechnet er sich aus -, wird seine Freizeit ähnlich knapp bemessen sein wie jetzt, während des Wahlkampfs: Parallel zum Abgeordneten-Leben möchte er sein Studium beenden. "Ich habe ja dann fünf Jahre Zeit für etwas, das ich sonst in zwei Semestern machen würde - das ist drin, ohne meine Pflichten zu verletzen." Der Hochschulabschluss spielt in seinen Zukunftsplänen eine entscheidende Rolle: "Ich sehe mich definitiv nicht ein Leben lang als Berufspolitiker." Beratung, PR - etwas in dieser Richtung schwebt Christoph Giesa langfristig vor. "Ich will mich irgendwann selbständig machen. Das ist mein Traum. Mein eigener Chef zu sein." Sich freizumachen.

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