Es hapert an Kinderfreundlichkeit
BERLIN. Deutschland soll kinderfreundlicher werden. Das ist das Credo von Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (SPD). Eine vor zwei Jahren von ihr ins Leben gerufene Expertenkommission hat dazu nun einen 500 Seiten starken Befund vorgelegt. Und der klingt nicht gerade ermutigend.
"Deutschland tut sich besonders schwer, ein modernes Familienkonzept zu entwickeln", resümierte die Bremer Soziologin und Mitautorin, Helga Krüger, über den jüngsten Familienbericht, der gestern im Beisein von Ministerin Schmidt präsentiert wurde. Zwar summieren sich die familienpolitischen Leistungen nach Angaben der Bundesbank mittlerweile auf stolze 150 Milliarden Euro im Jahr. Doch die Aufwendungen haben laut Bericht "nicht dazu beigetragen, dass junge Erwachsene in gleicher Weise wie in Frankreich, Dänemark, Schweden, den Niederlanden und Großbritannien Kinder als Teil einer gemeinsamen Lebensplanung begreifen". Geld allein bringt also noch kein Familienglück.Zu den Vorschlägen der sieben Wissenschaftler gehört ein Optionszeitmodell, bei dem Erwerbstätige nach niederländischem Vorbild einen größeren Spielraum bei der Freistellung für die Familienbetreuung bekommen sollen. Überhaupt lehnen sich die Wissenschaftler bei ihren Empfehlungen vielfach an europäische Nachbarn an. So gilt etwa die in Frankreich praktizierte Familienkasse als beispielhaft. Dabei werden fast sämtliche staatlichen Transfers für Väter und Mütter aus einer Hand bezahlt. Die Idee findet sich auch im Wahlprogramm der SPD. Und Schmidt ist davon angetan. Allerdings sprach sie gestern von einem "langfristigen Projekt". Hintergrund der gedämpften Erwartungen ist die Mischfinanzierung. So kommt der Bund beispielsweise für das Kindergeld nur zu 76 Prozent auf. Den Rest steuern die Länder bei. Auch der Unterhaltsvorschuss für allein erziehende wird zu einem Drittel vom Bund und zu zwei Dritteln von den Ländern getragen.
An anderer Stelle führen die Familienexperten die dänische Wirtschaft ins Feld, die sich um die besonderen Bedürfnisse von Eltern bei der Arbeitszeitgestaltung verdient gemacht hat. In dem Bericht gilt auch das so genannte Elterngeld unseres nördlichen Nachbarn als nachahmenswert, was die Familienministerin mit Genugtuung registrierte. Schließlich macht sie sich dafür schon seit rund einem Jahr stark.
Pünktlich zur Vorstellung des Familienberichts nannte gestern auch Bundeskanzler Gerhard Schröder die Idee einen "wichtigen Schritt", um die Lage der Familien zu verbessern. Das Elterngeld stellt eine Lohnersatzleistung dar, die vor allem bei Besserverdienern dazu beitragen soll, ihren Kinderwunsch zu verwirklichen. Nach den Plänen von Renate Schmidt orientiert sich das für ein Jahr gewährte Elterngeld mit 67 Prozent des vorherigen Nettolohns am Arbeitslosengeld I. Mit der Maßnahme soll aber erst im Jahr 2008 begonnen werden. Grund dafür sind die Kosten in Höhe von 4,2 Milliarden Euro. Drei Milliarden davon würden durch den Wegfall des Erziehungsgeldes frei. Die Differenz, so die Hoffnung im Familienministerium, könnte durch den Abbau von Subventionen geschlossen werden.
Für die CDU steht Schmidts Finanzierungskonzept denn auch "in den Sternen". Die Vorsitzende der Frauen-Union, Maria Böhme, verwies statt dessen auf das Regierungsprogramm der C-Parteien, wonach Familien steuerliche Erleichterungen winken. Zugleich sollen sie eine Beitragsermäßigung von 50 Euro in der Rentenversicherung erhalten.