Eskalation im "Krieg der Worte"

Washington. George W. Bush hat in einer von mehreren Fernsehsendern live übertragenen Rede erstmals die Führung Irans mit der El-Kaida-Terror-Organisation verglichen. Das Regime in Teheran bestehe aus "Tyrannen", denen man nicht Nuklearwaffen überlassen dürfe – die "Werkzeuge von Massenmördern", sagte der Präsident.

Das Weiße Haus hat damit deutlich erkennbar die Rhetorik gegenüber einer Regierung verschärft, die bisher im Atomstreit mit dem Westen zu keinerlei Zugeständnissen bereit war. In US-Regierungskreisen glaubt man, dass Teheran lediglich auf Zeit spielt, aber gleichzeitig die nuklearen Forschungsprogramme vorantreibt. Diese Ansicht dürfte auch durch den Umstand neue Nahrung bekommen, dass die gestern ursprünglich vorgesehenen Gespräche zwischen EU-Vertreter Solana und iranischen Gesandten auf Wunsch Teherans "aus prozeduralen Gründen" verschoben wurden. Der Auftritt Bushs vor Militäroffizieren zählte zu einer Reihe von Reden, mit denen der innenpolitisch stark unter Druck geratene Präsident derzeit seine Antiterror-Politik angesichts des anstehenden fünften Jahrestages der 11. September-Attacken rechtfertigen will. Bush stuft auch Syrien als problematisch ein

Zeitgleich zur Verschärfung des Umgangstons gegenüber Teheran legte das Weiße Haus ein 23-seitiges Positionspapier vor, in dem "die nationale Strategie zur Bekämpfung des Terrorismus'" aufgezeigt wird. In dem Dokument vertritt die Regierung die Auffassung, man habe große Fortschritte im Kampf gegen den Terror gemacht, sei aber "noch nicht sicher". Das Papier nennt als "größte Sorge", dass Terrorgruppen in den Besitz von Massen-Vernichtungswaffen geraten könnten: "Am meisten beunruhigend ist dabei die potenzielle Terrorgefahr, die von Teheran ausgeht." Das iranische Regime und seine Schergen hätten gezeigt, dass sie Amerikaner töten wollten. Die "freien Nationen der Welt" würden jedoch zu verhindern wissen, dass der Iran in den Besitz von Atomwaffen komme. Auch Syrien wird als "problematisch" eingestuft. Der amerikanische Präsident bediente sich in seiner Rede vor aktiven Militärangehörigen, Kriegsverletzten und ausländischen Diplomaten auch einer Reihe von Osama Bin Laden zugeschriebenen Zitaten, um die weltweite Bedrohung durch El-Kaida und den radikalen Islamismus deutlich zu machen. So habe Bin Laden festgestellt: "Tod ist besser, als auf dieser Erde unter Ungläubigen zu leben." Wütende Reaktionen der Opposition

Erneut vertrat Bush die in den USA höchst umstrittene Ansicht, dass der Irak die "zentrale Front" im Kampf gegen den Terror sei - wobei es nach der Ansprache teilweise wütende Reaktionen der Opposition gab. John Kerry, der Bush bei den jüngsten Wahlen knapp unterlegen war, warf Bush Versagen vor: "Wenn Bush vor vier Jahren das Militär in Tora Bora auf Osama Bin Laden losgelassen und ihn getötet hätte, müsste er diesen Barbaren heute nicht zitieren", so der US-Demokrat. "Aber weil der Präsident einen verheerenden Krieg gegen den Irak in Gang setzte, finden Bin Laden und seine Helfer immer noch Unterschlupf im Niemandsland zwischen Pakistan und Afghanistan, wo sie neue Attacken gegen uns planen." Zwei Monate vor den wichtigen Zwischenwahlen zum Kongress forderten führende Demokraten erneut den Rücktritt von Verteidigungsminister Donald Rumsfeld - ein Ansinnen, das prompt von Bush-Sprecher Tony Snow zurückgewiesen wurde.

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