Experten: Der Sprengstoff hätte leicht entdeckt werden können

"Macht Obama uns sicherer?" Und: "Arbeiten die Behörden wirklich zusammen"? Diese kritischen Fragen stellen jetzt US-Medien angesichts des Terroranschlags auf den Delta/Northwest Airlines-Airbus am ersten Weihnachtstag.

Washington. Nachdem immer mehr Fakten über den Täter und das Versagen der Kontrollstellen in Lagos und Amsterdam bekanntgeworden sind, konzentriert sich nun die Debatte auf die Konsequenzen aus dem Vorfall und auf die Auswirkungen für Millionen Flugreisende. Diese sind von einer Vielzahl neuer Bestimmungen überrascht worden, die die Sicherheit verbessern sollen.

Die US-Regierung versucht sich derzeit vor allem in Schadensbegrenzung. Die "Washington Post" kritisierte, es seien "wieder einmal Warnungen nicht beachtet worden". Heimatschutzministerin Janet Napolitano macht eine denkbar schlechte Figur: Bei Auftritten im Fernsehen trat sie am Wochenende mehrfach ins Fettnäpfchen. Ihre Botschaft: Das System hat funktioniert - denn schließlich sei der Mann gestoppt worden, ohne dass sein Sprengsatz detoniert sei. Kein Wort zur Tatsache, dass es Passagiere waren, die den Täter überwältigten - und dass purer Zufall eine Detonation beim Landeanflug auf Detroit verhindert hatte.

Die Menge an PETN-Sprengstoff habe ausgereicht, um ein Loch in den Jet zu reißen, so Experten gestern. Der Sprengstoff sei mit geeigneten Geräten "leicht entdeckbar" gewesen.

An vielen Kontrollstellen noch keine Nackt-Scanner



Die in Deutschland umstrittenen, hochauflösenden sogenannten Nackt-Scanner, die ein Bild unter der Kleidung zeichnen, sind allerdings bisher erst an 150 von 2200 Kontrollstellen in den USA im Einsatz.

Auch die Frage, warum ein im Juni 2008 ausgestelltes Visum für den Terroristen nicht zurückgezogen wurde, nachdem sein Vater die US-Botschaft in Nigeria gewarnt und der Täter in Großbritannien sogar ein Einreiseverbot hatte, konnte Napolitano nicht beantworten: "Keiner weiß das", gestand sie ein.

Eine Vielzahl an neuen Regeln der Sicherheitsbehörde TSA soll nun ähnlichen Anschlägen vorbeugen. Dazu zählen: schärfere Kontrollen der Passagiere - vor allem auf Flüssigkeiten und Pulver; Abschalten der elektronischen Flug-Landkarte oder des gesamten Unterhaltungssystems im Jet; die Anweisung, in der letzten Stunde des Fluges nicht mehr den Sitz zu verlassen und keinerlei persönliche Gegenstände - einschließlich Laptop, Kissen und Decken - auf dem Schoß zu tragen. Auch soll es keine Durchsagen zur genauen Position des Flugzeugs mehr geben.

Reisende haben für die neuen Sicherheitsregeln für USA-Flüge zumeist nur Spott und Häme übrig - und halten sie für reinen Aktionismus. "Glaubt die TSA wirklich, Terroristen würden immer nur in der letzten Stunde handeln?" fragt ein Vielflieger im populären Diskussionsforum "flyertalk.com", während ein anderer angesichts des WC-Verbots lästert: "Will man uns künftig mit Kathetern ausstatten?"

Konsequenzen aus dem Terroranschlag forderte der unabhängige, aber den Demokraten nahestehende Senator Joe Lieberman nun für das Internierungslager Guantánamo, das Obama möglichst rasch schließen will. Es sei ein "Fehler", an die Rückführung von 90 Insassen in den Jemen zu denken, da "der Jemen nun für uns eines der Zentren im Kampf gegen den Terror sein wird". Der Attentäter hatte eingeräumt, im Jemen für seine Aufgabe vorbereitet worden zu sein. Gleichzeitig berichtet die "New York Times", die USA wollten die Militärhilfe für den Jemen in den nächsten 18 Monaten verdoppeln und hätten dort bereits Spezialkommandos im Einsatz.

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