"Exzellenz verträgt Transparenz"

BERLIN. Bald ist Schluss mit der Geheimniskrämerei um die Bezüge von Spitzenmanagern von börsennotierten deutschen Aktiengesellschaften: Dafür soll ein neues Gesetz sorgen.

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch, wenige Tage vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen, einen Gesetzentwurf zur Offenlegung der Gehälter von Vorstandsmitgliedern beschlossen. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries geht davon aus, dass das entsprechende Gesetzgebungsverfahren bis Ende dieses Jahres abgeschlossen ist. Damit könnte die neue Regelung erstmals für alle Jahres- und Konzernabschlüsse börsennotierter Aktiengesellschaften ab dem Geschäftsjahr 2006 greifen. Zypries unterstrich gestern in Berlin nachdrücklich, dass Deutschland damit keinen ,,Sonderweg" verfolge. Entsprechende Regelungen gebe es in den USA, Schweden, Irland, Frankreich oder Großbritannien. ,,Wir stärken die Kontrollrechte der Aktionäre. Wir schaffen mehr Transparenz für die Eigentümer von Unternehmen. Aber wir führen nicht den Sozialismus auf Vorstandsetagen durch die Hintertür ein." Mit diesen Worten nahm die Justizministerin Stellung zu der zum Teil massiven Kritik aus der deutschen Wirtschaft. Allen voran von Wendelin Wiedeking, dem Chef der überaus erfolgreichen Stuttgarter Sportwagenschmiede Porsche AG, der die Neuregelung strikt ablehnt. Dem Gesetz zufolge sollen künftig fixe und variable Vergütungen jedes einzelnen Vorstandsmitglieds unter Namensnennung im Anhang zum Jahres- und zum Konzernabschluss schriftlich veröffentlicht werden. Transparent gemacht werden müssen dann Gehälter, Provisionen, Gewinnbeteiligungen, Bezugsrechte, aktienbasierte Vergütungen, Aufwandsentschädigungen, Versicherungsentgelte und sonstige Nebenleistungen. Auch Dienstwagen und Dienstvilla oder Altersversorgungs- und Abfindungsregelungen müssen detailliert veröffentlicht werden. Entzieht sich ein Unternehmen der Veröffentlichungspflicht, kann ein Bußgeld von bis zu 50 000 Euro verhängt werden. Die gesetzlich geforderte Offenlegung kann allerdings verhindert werden, wenn eine Dreiviertelmehrheit der Hauptversammlung einer AG sich dagegen ausspricht. Ein entsprechender Beschluss soll allerdings höchstens für fünf Jahre gefasst werden dürfen. Diese Passage im Gesetzentwurf von Zypries, von Kritikern auch als ,,Lex Wiedeking" verspottet, stieß auch gestern wieder auf massive Kritik von Aktionärsschützer-Organisationen und Gewerkschaften. Betroffen von dem neuen Gesetz, das im Bundesrat nicht zustimmungspflichtig ist, sind in Deutschland rund eintausend börsennotierte Unternehmen. Nach dem geltenden deutschen Aktienrecht sind Firmen bislang lediglich verpflichtet, die Gesamtbezüge von Spitzenmanagern auszuweisen. Laut Zypries zieht die rot-grüne Bundesregierung mit ihrem Gesetzentwurf Konsequenzen aus der mangelhaften Umsetzung des so genannten ,,Corporate Governance Kodex". Diese freiwillige Wirtschafts-Ethik-Vereinbarung hatte Unternehmen unter anderem aufgefordert, die Gehälter von Topmanagern freiwillig zu veröffentlichen. Nachdem in diesem Jahr von den 30 Dax-notierten Unternehmen nur 21 davon Gebrauch gemacht hatten, sah die Regierung Handlungsbedarf. Zypries: ,,Es geht hier nicht um eine Neid-Debatte. Aber Exzellenz verträgt auch Transparenz."

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