Familie als Garant sozialer Sicherheit

BERLIN. Die Familie ist keineswegs nur ein Problemfall, sondern auf jeden Fall besser als ihr Ruf. Zu diesem Schluss kommt eine repräsentative Umfrage des Demoskopie-Instituts in Allensbach, die im März unter 2600 Bundesbürgern vorgenommen wurde.

Sinkende Kinderzahl, steigende Scheidungsrate, wachsende Gewalt. Solche Schlagworte tauchen in der öffentlichen Diskussion häufig auf, wenn es um das Image der Familie geht. Dabei ist die Familie deutlich besser als ihr Ruf. Während Politiker und Wissenschaftler vor allem über die Hilfsbedürftigkeit der Familien diskutieren, wird die Familie von den Betroffenen als zentraler und stabiler Bezugspunkt empfunden. 76 Prozent der Deutschen sehen darin ihren wichtigsten Lebensbereich."Menschen, für die ich Opfer bringen würde"

Nur acht Prozent nennen in diesem Zusammenhang den eigenen "Freundeskreis". Und das, obwohl die Familien kleiner werden und immer mehr Single-Haushalte entstehen. Eine Ursache für diesen überraschenden Befund sehen die Allensbacher Demoskopen in den eher düsteren Zukunftserwartungen der Deutschen: 74 Prozent rechnen mit wachsenden sozialen Unterschieden, 67 Prozent mit einer zunehmenden Vereinsamung älterer Menschen und mehr Egoismus. Für mehr als zwei Drittel der Bevölkerung (68 Prozent) steht dann auch der Wunsch nach einem Bedeutungsgewinn der Familie an vorderer Stelle. Doch was bedeutet Familie? Im Kern gilt sie den Bundesbürgern als Garant individueller und sozialer Sicherheit. 82 Prozent verstehen unter Familie "Menschen, die sich gegenseitig helfen". Für 69 Prozent der Befragten handelt es sich um "Menschen, für die ich große Opfer bringen würde". Ähnlich ausgeprägt (72 Prozent) ist der Wille, "für Menschen Verantwortung zu tragen". Dabei akzeptiert die Mehrheit der Bevölkerung sowohl eine Generationensolidarität der Jüngeren gegenüber den Älteren als auch der Älteren gegenüber den erwachsenen Kindern. Der jeweilige Grad der Zustimmung unterscheidet sich allerdings deutlich. 65 Prozent der Jüngeren sehen eine Verpflichtung der Eltern zu jeglicher Unterstützung ihrer Nachkommen. Umgekehrt gehen aber nur 53 Prozent der Jüngeren davon aus, dass die Eltern mit der Unterstützung ihrer erwachsenen Kinder rechnen können. Bei den befragten Personen über 60 erwarten das nur 48 Prozent. Gerade die ältere Generation tut sich also schwer, für sich einzufordern, was die Jüngeren auf Vater und Mutter bezogen eher als selbstverständlich empfinden. Die Familie spielt vor allem in persönlichen Krisensituationen eine zentrale Rolle. Auf die Frage, worauf man sich am ehesten im Krankheitsfall, bei Arbeitslosigkeit oder im Alter verlassen könne, nannten 51 Prozent die Familie, 32 Prozent sich selbst, aber nur sieben Prozent den Staat. In einer alternden Gesellschaft gewinnt natürlich die Pflege der Angehörigen eine zunehmende Bedeutung. Auch hier sind die Zahlen eindrucksvoll: Immerhin 47 Prozent der unter 55-Jährigen würden einen Beitrag zur Pflege ihrer Eltern leisten. Sieben Prozent trauen sich zu, den Vater oder die Mutter komplett zu betreuen. Fast jeder dritte Deutsche über 60 (31 Prozent) hat bereits Pflegeaufgaben bei den Eltern übernommen. Familienministerin Ursula von der Leyen sieht in der Allensbach-Studie einen Beleg dafür, dass der viel zitierte "Krieg der Generationen" eine Phantomdiskussion ist. "Die gegenseitigen Vorurteile nehmen ab, je mehr Kontakte zwischen den Generationen bestehen", meinte die CDU-Politikerin. Abzuwarten bleibt allerdings, welchen Einfluss die weitere demografische Entwicklung auf das Verhältnis von Jung und Alt hat. Dazu wollen die Demoskopen in Allensbach regelmäßige Untersuchungen anstellen: Das nächste "Generationen-Barometer" ist in drei Jahren geplant.

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