Familienmitglied auf Zeit

TRIER. Eine Möglichkeit, Beruf und Kinder miteinander zu vereinbaren, ist, Au-Pair-Mädchen oder -Jungs in die Familie aufzunehmen. Doch die Verunsicherung ist auf beiden Seiten groß, da es unter den Vermittlern viele schwarze Schafe gibt. Wie findet man seriöse Anbieter? Welche Vor- und Nachteile bieten Au-Pairs?

Magda Bachan spielt mit Marlene (2) und den fünfjährigen Zwillingen Klara und Johannes im Sandkasten, während Susanne Beiling das Abendessen zubereitet. Seit elf Monaten lebt die 24-jährige Polin in der Trierer Gastfamilie. "Magda ist da, wenn wir alleine sind, und sie räumt die Wohnung auf", erzählt Johannes. Bevor Magda beginnt, in ihrem Beruf als Lehrerin zu arbeiten, wollte sie ein Jahr in Deutschland leben, Land und Leute kennen lernen und ihre Sprachkenntnisse verbessern. Um Familie und Berufstätigkeit unter einen Hut bringen zu können, entschloss sich Familie Beiling vor zwei Jahren, ein Au-Pair aufzunehmen. "Für uns die einzige Möglichkeit, der Betreuungsmisere zu entgehen", sagt die Mutter. Au-Pair kommt aus dem Französischen und bedeutet "auf Gegenseitigkeit". Beide Seiten profitieren: Magda entlastet die Familie bei leichten Hausarbeiten und der Kinderbetreuung. Dafür hat sie ein eigenes Zimmer im Haus, wird mitverpflegt und erhält ein monatliches Taschengeld von 205 Euro. Sie nimmt an Sprachkursen teil, und die Gastfamilie zahlt die Kranken- und Unfallversicherung. Magdas Einsatz in der Familie ist zeitlich genau festgelegt. Dies entspricht dem "Europäischen Abkommen über die Au-Pair-Beschäftigung", das zwar von der Bundesrepublik nicht ratifiziert wurde, jedoch in der Praxis im Allgemeinen umgesetzt wird. "Es klappt sehr gut", sagt Susanne Beiling. Auch Magda spricht von einer "guten Zeit". Ihre Deutschkenntnisse konnte sie wesentlich verbessern, und die Zeit mit den Kindern hat ihr im Hinblick auf ihren Lehrerberuf viel gebracht. Der Nachteil für Familie Beiling ist, dass Au-Pairs nur ein Jahr bleiben. Dann folgt das große Zittern, ob es mit dem nächsten "Gast" wieder so gut klappt. Um bösen Überraschungen vorzubeugen, haben sich Susanne und Egbert Beiling wieder an eine Kölner Vermittlungsagentur, mit der sie gute Erfahrungen gemacht haben, gewandt. Mehrere Bewerbungsbögen haben die Beilings genauestens unter die Lupe genommen. Antworten auf Fragen wie "Was machen Sie, wenn das Kind krank ist, und Sie sind alleine zu Hause?" sowie ein persönlicher, dem Bewerbungsbogen hinzugefügter Brief an die Familie sind laut Susanne Beiling sehr hilfreich. Zwar darf jede Gastfamilie Au-Pairs selbst anwerben. Doch Familie Beiling ist der Empfehlung der Bundesanstalt für Arbeit gefolgt, einen Vermittler in Anspruch zu nehmen. "Gibt es Probleme, gibt es auch einen Ansprechpartner", sagt Susanne Beiling. Seit einem Jahr benötigen Vermittler nicht mehr die Erlaubnis der Bundesanstalt für Arbeit, sondern lediglich einen Gewerbeschein. "Das führt zur Verunsicherung bei Familien und den Au-Pairs", sagt Beata Laszuk von der Kölner Agentur Multi-Kultur. Um ein Stück mehr Sicherheit zu haben, rät Laszuk interessierten Familien und angehenden Au-Pairs, sich zum Beispiel an die Internationale Au Pair Association (IAPA) zu wenden. Der globale Interessenverband wurde gegründet, um die Rechte aller Au-Pairs und der Gastfamilien zu schützen. Geführt werden dort nur Agenturen, die sich schon eine Zeit lang mit ihrer Vermittlungstätigkeit bewährt haben. Die Qualität der Vermittlungsstellen wird ständig geprüft. Hat sich eine Agentur etwas zu Schulden kommen lassen, wird sie bei der IAPA nicht weitergeführt. "Solche Organisationen helfen, die Maßstäbe für Au-Pairs zu erhöhen", sagt Laszuk. "Eine gute Agentur fühlt den Au-Pairs und den Gastfamilien auf den Zahn." Laszuk zufolge gehören die Prüfung der Deutschkenntnisse des Au-Pairs sowie der Wohn- und der finanziellen Verhältnisse der Gastfamilie zu einer seriösen Vermittlung. Klare Standards für beide Parteien sind wichtig. Schließlich leben Au-Pair und Gastfamilie in der Regel für ein Jahr zusammen, die Gastfamilien trauen ihre Kinder Fremden an, und Au-Pairs müssen sich in einem noch fremden Land zurecht finden. Infos: Internationale Au Pair Association (IAPA) im Internet: http://www.iapa.org/

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