Fragen um die dubiosen Kontakte zum Kreml

Washington · Washington Als Michael Flynn nach nur 24 Tagen im Amt seinen Hut nehmen musste, glaubte Donald Trump einen Befreiungsschlag gelandet zu haben. Der Rücktritt seines Sicherheitsberaters sollte all jenen den Wind aus den Segeln nehmen, die alarmiert von einer Russland-Connection sprachen, von dubiosen Kontakten zum Kreml auf Kosten der amerikanischen Demokratie.

Nur zieht die Affäre um Flynn nach wie vor Kreise, und Trump begleitet sie mit wüsten Twitter-Attacken, die wiederum die Frage aufwerfen, warum der Mann nicht gelassener reagiert, wenn er nichts zu verbergen hat. Neulich knöpfte er sich Sally Yates vor, einst stellvertretende Justizministerin, von einem Tag auf den anderen entlassen, weil sie sein Einreiseverbot für Bürger aus sieben muslimisch geprägten Staaten nicht verteidigen wollte. Yates habe die Medien extrem unglücklich gemacht, höhnte Trump in einem Tweet, "denn außer alten Nachrichten hatte sie nichts zu bieten".
Tatsächlich kritisierte die Juristin den Staatschef dafür, dass er Flynn einen Schlüsselposten anvertraute, obwohl er gewusst haben muss, dass der Ex-General erpressbar war. Nach Weihnachten hatte Flynn mit dem russischen Botschafter in Washington telefoniert und ein Ende von Sanktionen in Aussicht gestellt, im Weißen Haus jedoch nicht die Wahrheit über den Inhalt des Gesprächs gesagt. Die Russen wussten von seiner Lüge, folglich hätten sie ihn leicht unter Druck setzen können, sagte Yates erst am Montag bei einer Anhörung im Kongress.
Die "Russia Connection": Sowohl Repräsentantenhaus als auch Senat versuchen Licht ins Dunkel des Beziehungsgeflechts zu bringen, während das FBI herausfinden will, ob Trumps Mannschaft mit Moskau kooperierte, um sich Vorteile zu verschaffen. Kein nüchterner Kommentator würde sich zu der These versteigen, Wladimir Putin habe das Rennen quasi zugunsten des Bauunternehmers entschieden. Dass 63 Millionen Amerikaner für den Milliardär stimmten, hatte mit russischer Beeinflussung nichts zu tun. Was allerdings geklärt werden muss, ist der Verdacht, wonach Strategen im Umfeld Trumps Kontakte nach Russland nutzten, um Hillary Clinton zu schaden. Da ist Paul Manafort, bis August Kampagnenchef des republikanischen Kandidaten. Der PR-Profi musste gehen, weil seine Nähe zu Wiktor Janukowitsch, dem pro-russischen Ex-Präsidenten der Ukraine, eingeschlossen geheime Barzahlungen an Manafort, für Wirbel sorgte. Carter Page, eine Zeit lang außenpolitischer Ratgeber in Trumps Team, arbeitete einst für die Investmentbank Merrill Lynch in Russland. Ausgerechnet im Juli 2016, als Demokraten wie Republikaner ihre Bewerber fürs Oval Office kürten, reiste er wieder einmal nach Moskau. Zufall oder nicht? Roger Stone, ein alter Vertrauter Trumps, war offenbar vorab im Bilde, als die Enthüllungsplattform Wikileaks brisante E-Mails aus dem Fundus der Demokraten publik machte. Alles Indizien, keine Beweise, bislang jedenfalls. Was den Washingtoner Historiker Allan Lichtman indes nachdenklich stimmt, sind die merkwürdigen Argumente, die das Weiße Haus in die Debatte wirft. Pressesprecher Sean Spicer etwa spielte die Causa Manafort herunter, indem er allen Ernstes behauptete, der Mann habe im Wahlkampf nur eine "sehr begrenzte" Rolle gespielt. Das rief die Skeptiker erst recht auf den Plan. So verhielten sich Leute, die etwas zu verheimlichen hätten, schreibt Lichtman in seinem Buch The Case for Impeachment, in dem er mögliche Gründe für ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten auflistet. Die Rhetorik erinnere fatal an Richard Nixon. Dessen Regierung hatte zunächst auch von einem drittklassigen Einbruch gesprochen, als Nixons Männer fürs Grobe im Juni 1972 ins Hauptquartier der Demokraten eindrangen, um eine defekte, zuvor installierte Telefonwanze auszutauschen. Zwei Jahre später musste der Präsident seinen Rücktritt erklären.

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