Frankreich ist Europameister im Elektroauto

Paris · In Frankreich sind 100.000 Elektroautos zugelassen. Dank großzügiger staatlicher Hilfen ist das Interesse an der E-Mobilität groß.

Sie rollen ohne ein Geräusch heran oder stehen an Steckdosen angeschlossen am Straßenrand: die Elektroautos sind aus Frankreich nicht mehr wegzudenken. Rund 22.000 solcher stromgetriebener Fahrzeuge wurden im vergangenen Jahr zugelassen, 30 Prozent mehr als im Vorjahr. Insgesamt rollen auf Frankreichs Straßen sogar mehr als 100.000 E-Autos - ein wichtige Marke, die Ende März erreicht wurde. "Frankreich wird damit zum ersten europäischen Land, das einen so großen Fuhrpark mit null Emissionen erreicht", teilt die Vereinigung zur Entwicklung der Elektromobilität Avere-France mit.

Die guten Verkaufszahlen hängen mit den dicken Subventionen von bis zu 10.000 Euro zusammen, die Autofahrern für den Wechsel vom luftverpestenden Diesel zum strombetriebenen Fahrzeug winken. Marktführer Renault kann so seinen Verkaufsschlager Zoé, der immerhin 70 Prozent des E-Auto-Marktes in Frankreich ausmacht, zum selben Preis anbieten wie sein beliebtes Standardfahrzeug Clio. Die neuen Modelle haben auch eine deutlich größere Reichweite als die ersten E-Autos: sie können mit einer Batterieladung bis zu 400 Kilometer weit fahren, während es anfangs nur rund 120 Kilometer waren.

Mehr als 14.000 Aufladestationen gibt es inzwischen schon in Frankreich. Die Säulen mit der Steckdose stehen in Tiefgaragen ebenso wie vor Supermärkten oder Möbelhäusern. Eine Million solcher "Bornes" sollen mit finanzieller Hilfe vom Staat bis zum Jahr 2020 geschaffen werden: 100.000 öffentlich zugängliche und 900.000 private. Der neue Präsident Emmanuel Macron will die staatliche Unterstützung der E-Mobilität sogar noch ausbauen: in seinem Wahlprogramm ist von einer Abwrackprämie von 1000 Euro für alle die Rede, die auf umweltfreundlichere Fahrzeuge umsteigen.

Bosch startet Elektro-Scooter-Verleih in Paris

"Die steuerlichen Anreize bleiben unabdingbar, um Elektroautos zu wettbewerbsfähigen Preisen anzubieten", sagt Autoexperte Jean-Francois Belorgey von der Unternehmensberatung EY der Zeitung "Le Figaro". Laut einer Umfrage vom Herbst sind 35 Prozent der Autofahrer bereit, unter diesen günstigen Bedingungen auf ein E-Auto umzuschwenken. Avere-France hofft bis 2020 auf 350.000 Elektroautos in Frankreich. "Die Elektromobilität steht erst am Anfang ihres Wachstums", erklärt der Vorsitzende Joseph Beretta.

Das sieht auch die Regierung so, die auch für den Kauf eines E-Bikes Staatsgelder locker macht: 200 Euro Zuschuss erhalten alle, die bis zum 31. Januar 2018 ein Elektrofahrrad kaufen. Ein Angebot, das gut ankommt, denn bis zum 1. April wurden schon 15.000 Anträge registriert. Vor allem im chronisch verstopften Paris könnten die E-Bikes eine umweltfreundliche Alternative darstellen. Seit einem Jahr kurven auch die blau-weißen Elektro-Scooter des Start-ups Cityscoot durch die Hauptstadt. Das Motorroller-Leihsystem zählt tausend solcher Zweiräder in Paris , nächstes Jahr sollen es 2500 sein. Im Juli bekommt Cityscoot von Bosch Konkurrenz, das ähnlich wie in Berlin auch in Paris Stromroller verleihen will und mit 600 Fahrzeugen anfängt.

Zu den E-Scootern kommen an Seine die Elektroautos des Carsharing-Systems Autolib'. Die grauen, etwas verbeulten Fahrzeuge mit der Aufschrift "Frei wie Luft", die der Unternehmer Vincent Bolloré 2011 einführte, sind an jeder Straßenecke zu finden. 132.000 Abonnenten hat Autolib' inzwischen, doch das Projekt ist ein Verlustgeschäft: Auf 179 Millionen Euro soll sich das Minus laut der Wochenzeitung "Canard Enchaîné" bis 2023 belaufen. Nur 60 Millionen davon will Bolloré übernehmen - den Rest sollen Paris und die Kommunen tragen, die Autolib'-Stationen eingerichtet haben. Da die kleinen Gemeinden im Umkreis der Hauptstadt solche Summen nicht aufbringen können, haben viele inzwischen ihre Pläne wieder auf Eis gelegt. Wer kein Geld für ein eigenes Auto hat, für den endet die Elektromobilität also an der Stadtgrenze von Paris.

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