Frech, nervig und grün

TRIER. Endlose Debatten,Demos, Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, Haue in Brokdorf - als vor 25 Jahren der Grünen-Kreisverband Trier ins Leben gerufen wurde, sollte eine spannende Ära folgen. Die 80er Jahre waren bei der Umweltpartei geprägt von äußeren und inneren Richtungskämpfen.

"Meine Mitbewohner hatten damals einiges auszuhalten", sagt Ewald Adams, und wenn er sie vor sich hätte, würde er sich vermutlich heute noch bei ihnen für das Telefongebimmele entschuldigen, das manchmal schon morgens um sieben die WG in der Eberhardstraße wachrüttelte. Von dort aus steuerte Adams zunächst den Grünen-Kreisverband Trier, der am 14. Dezember 1979 im Gasthaus Alken (Paulinstraße) gegründet wurde. Bis heute ist der 51-Jährige Geschäftsführer geblieben, nur die Parteizentrale ist WG-los und mehrfach umgezogen - von Eberhard- über Saar- und Lindenstraße zum Palastgarten. Knapp 50 Personen heuerten bei den Grünen als Mitglieder an: Leute der Alternativen Liste, die 1979 für den Trierer Stadtrat kandidierte, Sympathisanten der GAZ (Grüne Aktion Zukunft), die ein abtrünniger CDU-Bundestagsabgeordneter gegründet hatte, Alt-68er und linke Studenten. Erste Sprecherin war Thea Mumm. In anderen Kreisverbänden gehörten Berthold Klein (Bitburg-Prüm), Michael Wagner (Bernkastel-Wittlich) und Hans-Peter Slabik (Daun) zu den Grünen der ersten Stunde. "Es gab Reibereien zwischen den Strömungen, Flügelkämpfe und fast schon philosophische Auseinandersetzungen", erinnert sich Ewald Adams. Damals sei eben auch die Zeit zum Diskutieren da gewesen, heute überwiege die Gremienarbeit, der Pragmatismus. An "endlos lange Diskussionen", etwa über die Atomenergie, den Nato-Doppelbeschluss, das Verhältnis zur parlamentarischen Demokratie oder das staatliche Gewaltmonopol erinnert sich auch Reiner Marz, Stadtratsmitglied in Trier und Landtagsabgeordneter. Treffpunkt war meist die "Glocke" oder das "Postillon" in Trier-Nord. Aktionen wie das Umsägen von Strommasten seien äußerst konfliktträchtig gewesen, intern und extern. Und die Polizei habe beim Bau des Atomkraftwerks Brokdorf und anderswo hart auf Proteste reagiert. Marz: "Da konntest du noch so friedlich in eine Demo gehen und hast trotzdem was auf die Ohren gekriegt." Das Verhältnis zu den etablierten Parteien habe sich erst nach zehnjähriger "Frontstellung" gebessert. Marz: "Allein durch die Existenz der Grünen haben sich die anderen provoziert gefühlt und eine ausgrenzende Linie gefahren." Aber auch die Grünen hätten den Parteiapparat als Gegner betrachtet und beleidigt reagiert, "wenn sie nicht so mitmengen konnten, wie sie wollten". Mit drei Mitgliedern zogen die Grünen 1984 in den Trierer Stadtrat ein und schossen sich gleich auf Reizthemen ein wie Cattenom, Viehmarktgestaltung, ÖPNV und Rettung historischer Bausubstanz. Just zu dieser Zeit, so Marz, sei der Stadtverwaltung eingefallen, dass die Grünen-Fraktion mit ihren drei Leuten viel zu klein sei, um an Ausschuss-Sitzungen teilzunehmen. Dabei habe bis 1984 die FDP mit ebenfalls drei Mitgliedern beratend bei solchen Sitzungen dabei sein dürfen. "Also haben wir die fast 100 Änderungsanträge zum Haushalt im Stadtrat gestellt statt im Ausschuss", erinnert sich der 46-Jährige. Das habe die Regie gehörig durcheinander gebracht - und so manches Ratsmitglied auf die Palme. In den Wirren um den Volkszählungsboykott 1987 gerieten die Trierer Grünen gar ins Visier der Staatsanwaltschaft. Deren hartnäckiger Vertreter Horst Leisen war drauf und dran, Ewald Adams in Beugehaft zu nehmen, weil dieser den Namen eines Mannes nicht preisgeben wollte, der auf einer Grünen-Kundgebung zur Vernichtung von Volkszählungsbögen aufrief. Den Grünen bescherte diese Affäre Durchsuchungen in der Geschäftsstelle in der Lindenstraße und in der Privatwohnung von Ewald Adams - und einen Helden: den Geschäftsführer, der trotz dreier Verhöre den Namen nicht rausrückte. Der Beugehaft entkam er übrigens in letzter Sekunde, weil die Grünen den Gesuchten im Rahmen einer Pressekonferenz der Öffentlichkeit präsentierten.

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