"Für mich ist das viel Geld"

TRIER. Während Verbände und Wirtschaft noch über die Ein-Euro-Jobs diskutieren, die 2005 mit der Arbeitsmarktreform Hartz IV in großer Zahl entstehen sollen, haben die ersten Arbeitslosenhilfe-Empfänger solche Stellen angetreten. Eine von ihnen: Tina Rausch aus Trier.

"Wenn ich fertig bin, sieht das hier aus wie ein Garten!" Tina Rausch deutet strahlend auf das Gelände des Sozialdienstes Katholischer Frauen (SKF) in Trier und steigt über einen Haufen von Blättern und Ästen. Sie sind ihrem Elan und der Heckenschere bereits zum Opfer gefallen, jetzt ist das Efeu an der Mauer dran.Auch Reparaturen auf Tagesprogramm

Die 43-Jährige ist eine von sieben Arbeitslosenhilfe-Empfängern, die in diesen Wochen beim SKF ihren Dienst antreten - für einen Euro die Stunde. Tina Rausch geht seit einigen Tagen dem Hausmeister der sieben Trierer SKF-Einrichtungen, darunter Kindertagesstätte, Frauenhaus und Trierer Tafel, zur Hand. Sie pflegt Anlagen, hilft bei kleineren Reparaturen, setzt Spielzeuge in Stand. Ihre Ein-Euro-Kollegen richten beispielsweise Zimmer im Frauenhaus schön her, bieten den Kindern dort ein zusätzliches Freizeit-Programm oder fahren für die Trierer Tafel Essen zu verarmten alten Menschen, die nicht mehr zur Ausgabestelle kommen können. "Alle Sieben machen Arbeiten, zu denen man sonst nicht kommt", erklärt Yvonne Ackermann-Masfelder, zuständige Abteilungsleiterin beim SKF. Das ist eine der Bedingungen dafür, dass Träger Ein-Euro-Kräfte erhalten: Der Job muss gemeinnützig und zusätzlich sein, sprich: Er darf keine bestehenden Arbeitsplätze gefährden. Ackermann-Masfelder hält die Ein-Euro-Jobs für "eine gute Sache". Einrichtungen profitierten von ihnen, und die so Beschäftigten hätten eine sinnvolle Aufgabe, mehr Geld und zudem die Chance, sich zu qualifizieren und ihre Chancen auf einen regulären Job zu vergrößern. Darauf setzt auch Tina Rausch, die seit September vergangenen Jahres arbeitslos ist. Für ihre 42 Jahre blickt sie auf eine beachtliche Palette an Tätigkeiten zurück: Als Zimmermädchen hat sie gearbeitet und als Malerin, auf dem Bau und in einer Baumschule, für eine Reinigungsfirma. "Ich bin ziemlich flexibel", sagt sie. Doch in Zeiten wie diesen wiegt das die fehlende Ausbildung kaum auf. Tina Rausch und ihre Kollegen konnte sich der SKF aussuchen. "Wir waren in der glücklichen Lage, dass es mehr Interessenten als Arbeitsgelegenheiten gab", berichtet Ackermann-Masfelder. Das, ist sie sicher, werde sich ändern. "Laut Gesetz weist man uns die Leute zu." Wenn die Zahl der Ein-Euro-Jobs wie geplant 2005 deutlich steigt und durch Hartz IV der Druck zunimmt, erwartet die Fachfrau auch schwierigere "Fälle". Der SKF bietet allen Kräften sozialpädagogische Betreuung und Schulungen an. "Eine individuelle Begleitung ist uns sehr wichtig", sagt Ackermann-Masfelder. Für schwächere Menschen werde es künftig noch härter. Das Motto "Fördern und fordern" sei zwar grundsätzlich richtig. "Aber viele Menschen muss man erst einmal sehr viel fördern, bevor man sie fordern kann."Wäschetrockner auf der Wunschliste

Für einen Euro zusätzlich schuften? Entsprechende Bemerkungen hat Tina Rausch mehrfach gehört. Ihr Kommentar: "Wenn es nach mir ginge, kämen sie alle an die Reihe!" 30 Stunden arbeitet die Triererin pro Woche - macht 120 Euro im Monat zusätzlich. "Für mich ist das viel Geld." Einen Wäschetrockner wolle sie sich nun leisten, erzählt sie. "Und ich kann meinen Hund impfen lassen." Den Lohn der Ein-Euro-Kräfte übernimmt die Agentur für Arbeit, hinzu kommt eine Pauschale für den Arbeitgeber, von der etwa Arbeitskleidung und Fahrtkosten bezahlt werden. Ackermann-Masfelder geht davon aus, dass die Rechnung Null auf Null aufgeht - "wenn es gut läuft". Sie legt Wert auf die Feststellung, dass der SKF durch die Ein-Euro-Kräfte keinen Gewinn macht: "Das, was sie leisten, kann ich ja nicht verkaufen. Das kommt den Menschen in unseren Einrichtungen zugute." Genug erzählt. Der werdende Garten ruft. "Ich bin so erleichtert", sagt Tina Rausch. Endlich ist mir nicht mehr langweilig. Wenn ich mich jetzt abends vor den Fernseher setze, kann ich zufrieden sagen: So, ich habe was getan."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort