Ganz entspannt nach Bayreuth zu Parsifal

Dass sie entspannt ist, will sie in fast zwei Stunden Pressekonferenz nicht verbergen. Immer wieder lächelt sie und witzelt mit den Fragestellern. Einmal zitiert sie sogar ihre Oma. Aber jovialer Triumph, wie ihn vielleicht ihr Vorgänger Gerhard Schröder in gleicher Situation gezeigt hätte, schimmert nicht durch.

Berlin. Angela Merkel will kurz vor ihrem Urlaub auf der traditionellen Kanzler-Sommerpressekonferenz die Botschaft verbreiten, "dass wir konzentriert die Sacharbeit weiterführen". Sie will nicht übermütig werden und bleibt vorsichtig. "Die politischen Entwicklungen sind sehr volatil geworden", sagt sie auf die Frage, ob sie nicht eigentlich bereits alles in der Hand habe.

Selten waren die Bedingungen so gut für einen Regierungschef, der kurz vor seinem vierten Amtsjahr steht. Normalerweise gehen dann die Sympathiewerte nach unten. Am Tag von Merkels Pressekonferenz in Berlin aber weisen Umfragedaten für die Union ein Jahreshoch von 39 Prozent aus (siehe "Umfrage des Tages"). Heute kommt Barack Obama zu ihr ins Kanzleramt, am Dienstag war der irakische Regierungschef al-Maliki da. Zwei internationale Termine ersten Ranges. Und da war da noch am Wochenende ihr Auftritt auf dem CSU-Parteitag, der mit Ovationen von Delegierten endete, die eigentlich gekommen waren, um sie wegen ihrer Haltung zur Pendlerpauschale zu kritisieren. Es war das erste Mal, dass sie mit einer leidenschaftlichen Rede einen ganzen Saal fesselte und gewann. Merkel bewegt sich nun auch auf diesem Feld auf eine Liga zu, in der bisher nur Franz Müntefering oder Oskar Lafontaine spielen.

Jeder potenzielle Gegenkandidat muss es mit der Angst bekommen. Ob ihr "wurscht" sei, wer ihr Herausforderer von der SPD werde, Beck oder Steinmeier, wird sie gefragt. "Ich würde es Hochdeutsch sagen", antwortet sie lächelnd. Es ist ihr also egal.

Fast schon hilflos wirkt da Steinmeiers Zwischenruf in einer Zeitung, Merkels Intervention gegen das Brandenburger Tor als Ort der Obama-Rede sei "kleinlich" gewesen. Sie kocht den Konflikt herunter. Sie habe nur ihre Meinung gesagt - "das muss in einem freien Land möglich sein" - und nun finde das an der Siegessäule statt, und "nun warten wir mal die Geschichte ab". Sie wird nicht abwarten, denn wenn Obama redet, ist sie schon in Bayreuth, zur Parsifal-Premiere.

Auffällig ist, wie sie die für sie notwendige Fähigkeit, zwischen ihren Ämtern als CDU-Chefin und als Kanzlerin zu trennen, weiter ausfeilt. In Nürnberg hatte sie noch die harte Parteipolitikerin gegeben und die SPD scharf attackiert. Dass sie dort endlich wieder CDU-Positionen in Reinkultur verkündete, hatten viele Parteianhänger lange vermisst. Im Wahlkampf wird das von ihr noch viel mehr verlangt werden. In Berlin aber singt sie vorerst noch das Loblied auf die Große Koalition und ihre Leistungen.

Als Kanzlerin will sie keinen zu früh beginnenden Bundestagswahlkampf, denn Wahlkämpfe sind für einen Amtsinhaber riskant, weil seine Vorsprünge mit jedem Tag der Auseinandersetzung schmelzen. "Wahlkampf wird es geben, aber nicht in den nächsten Monaten", verkündet sie wie einen Befehl. "Ich erwarte, dass wir zusammenarbeiten und uns zusammenraufen." Schließlich seien die Herausforderungen ebenso groß wie die Sorgen der Menschen. Was ihr wichtigster Wunsch für den Rest des Jahres sei, wird Merkel zum Schluss gefragt. "50 plus X für die CSU", antwortet sie da ohne Zögern. Als Parteichefin.

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