Gegen Kinderarmut

BERLIN. Die Grundrechte der Kinder sollten so wie die der Familie als eigener Artikel in das Grundgesetz aufgenommen werden. Diese Auffassung vertrat Bundeskanzlerin Angela Merkel gestern in Berlin.

Die Kanzlerin griff damit überraschend einen entsprechenden Vorschlag von Ex-Verfassungsrichter und Alt-Bundespräsident Roman Herzog auf. So könne die Verantwortung der gesamten Gesellschaft für das Thema Kinder deutlich gemacht werden. "Die Frage, wie entwickeln sich die Kinder in unserer Gesellschaft, ist die Frage nach der Zukunft unserer Gesellschaft", sagte Merkel bei einer Podiumsdiskussion auf dem Forum "Ausgeschlossen - Kinderarmut in Deutschland". Zugleich kündigte die Regierungschefin an, dass alle Familien-Förderungsinstrumente von der Regierung auf den Prüfstand gestellt werden, um sie neu auszurichten und künftig den wirklich Bedürftigen und ihren Kindern gezielt und wirkungsvoller zu helfen. In einer gemeinsamen Resolution forderten der Deutsche Kinderschutzbund, die Kinderhilfsorganisation Unicef und das Bündnis für Kinder die Bundesregierung nachdrücklich auf, zügig einen Aktionsplan zur Reduzierung der wachsenden Kinderarmut auszuarbeiten. Nach neuesten Berechnungen des Kinderschutzbundes leben inzwischen in Deutschland fast 2,5 Millionen Kinder und Jugendliche auf Sozialhilfeniveau. Nachdrücklich warnten die drei Organisationen beim Forum gegen Kinderarmut vor den dramatischen Folgen von Armut und Ausgrenzung für die betroffenen Kinder und den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft. Notwendig seien deshalb unter anderem gebührenfreie Kindergärten, der Ausbau von Ganztagsschulen, kostenlose Vorsorgeuntersuchungen und Impfungen. Immer mehr Kinder ernährten sich mangelhaft und seien bei schlechter Gesundheit. Sie müssten auf Taschengeld, Freizeit- und Sportangebote verzichten. Kinder in Armut blieben auch immer häufiger in isolierten Wohnvierteln unter sich, ohne gute Schulen, Ausbildungsmöglichkeiten und ausreichende soziale Unterstützung. Immer mehr Kinder aus benachteiligten Familien verließen die Schule ohne jeden Abschluss.

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