Genossen-Basis protestiert

BERLIN. (BB) Die Reformkonzepte von Bundeskanzler Gerhard Schröder werden von den Genossen nicht auf einem Sonderparteitag diskutiert. Kein Bedarf, meint die Parteispitze - die Basis protestiert.

Es klang wie eine Drohung: Am 28. April wolle derSPD-Parteivorstand "die notwendigen Entscheidungen" treffen,sagte SPD-Generalsekretär Olaf Scholz am Montag vor der Presse.Forderungen der sozialdemokratischen Basis nach Mitsprache überdie "Agenda 2010" des Kanzlers und Parteivorsitzenden GerhardSchröder wies Scholz zurück. Ein Sonderparteitag sei nichtnotwendig. Derweil hat der grüne Koalitionspartner demdemokratischen Druck nachgegeben: Die Parteibasis werde nicht nuran der Meinungsbildung, sondern auch an der Entscheidungbeteiligt sein, versprach Parteichef Reinhard Bütikofer. Damithat die SPD ein neues Problem. Ungeachtet des bundesweitenDauertiefs bayerischer Prägung will die Partei zwar intensiv überSchröders sozialen Kurswechsel diskutieren, darf das aber nur ingeschützter Form auf vier so genannten Regionalkonferenzen. "Dasist wie safer sex", meinte ein Genosse. "Du kannst ein bisschenSpaß haben, aber passieren tut nichts." Tatsächlich hat derKanzler keine Lust, die Genossen aus den Bezirken über einReformkonzept mitreden zu lassen, das über Deutschlands Zukunft,die Zukunft der Bundesregierung und über seine eigene Zukunftentscheiden wird. Entsprechend ablehnend hat sich dasSPD-Präsidium bereits vor Wochen positioniert und Schröder damitden Rücken gestärkt. Die Forderungen aus den Ländern nach einem Sonderparteitag will man jedenfalls weiter abblocken. Ob dies gelingt, ist fraglich. Nach einigen Juso-Verbänden und dem SPD-Landesverband Hamburg hat auch die neue SPD-Vorsitzende von Hessen, Andrea Ypsilanti, Widerstand gegen Schröders Durchmarsch-Versuch angekündigt.

"Es brodelt in der SPD", sagte sie in einem Zeitungsinterview. Zahlreiche Mitglieder würden sich nicht mehr zu ihrer Partei bekennen, weil sie die soziale Ausgewogenheit der Reformen und die innerparteiliche Demokratie vermissten. Das Votum der Hamburger Genossen ist besonders für Generalsekretär Scholz blamabel, weil er einer der eifrigsten Verfechter des Schröder-Kurses und SPD-Chef in Hamburg ist. Scholz ging am Wochenende auf dem Parteitag der Hanseaten nicht mal zum Rednerpult, um den Beschluss vielleicht noch abzuwenden. Die Unterbezirksvorsitzenden, sagte er am Montag in Berlin zur Begründung, hätten sich ja zuvor schon gegen einen Sonderparteitag ausgesprochen. Hintergrund: Zur Einberufung eines Extra-Konvents ist die Zustimmung von mindestens acht der 20 bundesdeutschen SPD-Bezirksvorstände erforderlich.

Unterstützung erhielt der General von der stellvertretenden Parteivorsitzenden Heidi Wieczorek-Zeul und dem rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck. Die SPD müsse diese Schritte gehen, da sie sonst politikunfähig würde, sagte Beck zur Begründung.

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