Gerade in der Krise sehen die Grünen die Chance auf Wandel

Die Wahlprogramme bergen kaum Überraschungen, denn auch dort, wo sie konkret werden, bewegen sie sich meist entlang der bekannten großen Linien. Doch haben alle Parteien auch einige ungewöhnliche Ideen parat, die wir in dieser Serie testen. Heute: Der "Grüne New Deal" der Grünen.

Berlin. (vet) Die Idee: Die aktuelle Finanz- und Wirtschaftskrise wird oft mit der Weltwirtschaftskrise der 1920er und 1930er Jahre verglichen. Dem amerikanischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt gelang es damals durch gewaltige Investitionen und Reformen in der Wirtschaft, bei den Finanzen und im Sozialwesen eine Wende herbeizuführen. Dieser so genannte New Deal dient den Grünen als Vorbild für ihre Vision eines ganzheitlichen Politikansatzes, der Ökonomie, Ökologie und soziale Gerechtigkeit in Einklang bringen soll. Gerade in der Krise liege die Chance, diesen Wandel zu beschleunigen, sagen die Grünen.

Der Haken: Für eine Durchsetzung dieses anspruchvollen Ziels brauchen die Grünen politische Mehrheiten. Doch die sind nicht in Sicht. Selbst wenn es zu dem unwahrscheinlichen Fall der Neuauflage einer rot-grünen Bundesregierung käme, würde sich die Vision schnell im parteipolitischen Klein-Klein verlieren. Die Abwrackprämie zur Ankurbelung des Neuwagenverkaufs und die Rettungsaktion für Opel wurden maßgeblich von den Sozialdemokraten initiiert. Diese Beispiele machen deutlich, dass der SPD trotz ihres grün gefärbten "Deutschlands-Plans" eine Konservierung traditioneller Technologien und Strukturen näher ist als ein neues ökologisches Ufer. Bei der Union dürfte der Vorbehalt gegen die grüne Vision noch deutlich größer sein. Auch die Unionsparteien sind zwar für Umweltschutz. Darunter wird aber auch der Ausbau der Atomkraft verstanden, was die Grünen vehement ablehnen.

Die Bewertung: Mit ihrem "Grünen New Deal" sind die Grünen ihrer Zeit politisch weit vor-aus. Klar ist, dass der weltweite Bedarf an Energie und Rohstoffen steigt, während die Vorräte bei den herkömmlichen Ressourcen wie Kohle oder Öl stetig abnehmen. Wirtschaftliches Wachstum, das die Grundlage für den sozialen Wohlstand bildet, ist daher auf lange Sicht nur durch mehr Effizienz und eine Erschließung erneuerbarer Energien und Rohstoffe zu erzielen. Branchen mit überholten Produktpaletten und Geschäftsmodellen hätten dann das Nachsehen. Selbst Uno-Generalsekretär Ban Ki-Moon und US-Präsident Barack Obama fordern mittlerweile einen "Green New Deal". Und die Bundeskanzlerin gibt sich ebenfalls ökologisch. Aber es mangelt an Taten.

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