Geschockt, betroffen

Ich habe die Tschernobyl-Katastrophe in meiner Heimatstadt Busko-Zdroj (Polen), die 70 Kilometer nördlich von Krakau liegt und etwa 800 Kilometer Luftlinie von Tschernobyl entfernt ist, erlebt. Die Nachricht der Katastrophe erreichte uns erst zwei bis drei Tage später, weil die sowjetische Führung sehr sparsam mit der Information an die Bevölkerung war.

Das war einen Tag vor meinem Geburtstag, und ich stand ein paar Tage vor meinem Abitur. In unserer Schule hat jeder Schüler etwa 15 Milliliter einer roten Flüssigkeit zu trinken bekommen, eine Art Schluckimpfung, als Gegenmaßnahme zur radioaktiven Bestrahlung. Um welche Flüssigkeit es sich genau handelte, weiß ich heute leider nicht mehr. Die Fernsehsprecher haben im Fernsehen vor dem Verzehr von Früchten und Pilzen gewarnt. Besonders an der Ostgrenze Polens sollte man Milch und Milchprodukte mit größter Vorsicht genießen. Das war schon sehr schlimm für die Leute. Besondern für die Bauern, die von ihren Produkten leben mussten. Damals war ich 19 Jahre alt. Ich war geschockt und betroffen, aber in dem Alter hat man das etwas lockerer gesehen, nach dem Motto: Es wird schon weitergehen. Man musste das Beste aus der Situation machen. Es war ein Abschnitt in meinem Leben, den ich nie vergessen werde. Vor allem, da die Katastrophe auf die Verantwortungslosigkeit der sowjetischen Wissenschaftler zurückzuführen war, wie man später erfuhr. Gregor Walezak, Minheim

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