Grün ist gut, rot ist schlecht

Politisch wollte Bauminister Wolfgang Tiefensee seinen Satz nicht verstanden wissen: "Grün ist gut, Rot ist schlecht." Es geht um den Energieausweis für Gebäude, den das Kabinett gestern beschlossen hat. Ab 2008 muss er bei jedem Verkauf und bei jeder Vermietung einer Immobilie vorgelegt werden.

Die Farbskala steht ganz oben auf dem Ausweis, von dem Muster bereits auf den Internetseiten des Bauministeriums ( www.bmvbs.de) zu sehen sind. So sollen Miet- oder Kaufinteressenten auf den ersten Blick erkennen können, wie energieintensiv die angebotene Immobilie ist. Grün bedeutet, dass ein Haus gut abgedichtet ist und über eine gute Heizungsanlage verfügt. Wenn es nicht sogar ein Null-Energiehaus mit Solaranlage ist. Bis rund 200 Kilowattstunden pro Quadratmeter Wohnfläche und Jahr reicht diese Farbe, dann wechselt sie ins Gelbe (Durchschnitt) und schließlich ins Rote. Sehr schlecht isolierte Häuser bringen es auf 400 Kilowattstunden und mehr. Tiefensee und Umweltminister Sigmar Gabriel betonten bei der Vorstellung, dass sie mit dem Ausweis ganz auf die Marktkräfte setzen. Rot eingestufte Immobilien würden schlechter verkauft und von den Banken auch schlechter kreditiert werden, sagte Gabriel. Der Anreiz zur Modernisierung werde damit verstärkt. Mit jährlich einer Million Tonnen weniger CO{-2} rechnet Tiefensee durch dieses Instrument. Eigentümer von Wohngebäuden mit mehr als vier Wohneinheiten und von Gewerbeimmobilien können den Energieausweis entweder auf der Grundlage des tatsächlichen Energieverbrauchs oder auf Basis eines nach den technischen Gegebenheiten des Hauses errechneten Bedarfs ausstellen lassen. Eingeschränkte Wahlfreiheit

Auf Dauer werde sich der Bedarfsausweis wohl durchsetzen, vermutete Gabriel, weil der tatsächliche Verbrauch von zufälligen Schwankungen wie etwa warmen Wintern und individuellen Heizgewohnheiten abhängig ist und daher nicht so viel aussagt. Für kleinere Häuser gilt diese Wahlfreiheit nur dann, wenn sie nach 1977 errichtet wurden. Alle vorher errichteten Häuser mit bis zu vier Wohnungen, also auch alle Eigenheime, müssen den Bedarfsausweis erstellen lassen. Aber nur wer sein Objekt verkaufen oder vermieten will, muss zu den Energieberatern und Ingenieurbüros gehen, die den Ausweis ausstellen. Mit rund 900 000 Anträgen rechnet Tiefensee pro Jahr. Wer einfach in seinem Haus wohnen bleibt, braucht das Papier nicht. Allerdings muss es auch bei einer Sanierung vorgelegt werden, falls ein Förderkredit beantragt wird. Der Ausweis soll zehn Jahre gültig sein und auch Modernisierungsempfehlungen beinhalten. Gerechnet wird mit Kosten von 40 bis 120 Euro, je nach Art des Papiers. Einig ist sich die Regierung auch, dass der für Neubauten vorgeschriebene Verbrauchsstandard, der derzeit bei rund 70 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr liegt, um 30 Prozent gesenkt werden soll. Bis dies jedoch in die neue Energiesparverordnung aufgenommen wird, könne es noch ein Jahr dauern, sagte Tiefensee. Meinung Nur ein weiterer Trippelschritt Der neue Energiepass für Gebäude setzt auf die Mechanismen des Marktes. Verkauf- und Vermietbarkeit eines Hauses oder einer Wohnung sollen bei niedrigen Verbrauchswerten steigen, bei hohen sinken. Das soll Anreiz genug sein, um die eigene Immobilie zu modernisieren. Doch diese Idee funktioniert schon dann nicht mehr, wenn die Anbieterseite im Vorteil ist, zum Beispiel bei Wohnungsknappheit. Dann müssen die Mietinteressenten oft nehmen, was ihnen geboten wird, egal wie zugig die Bude ist. Die Bundesregierung geht mit dieser Maßnahme einen weiteren Trippelschritt. Eine von mehr als 1000 Millionen Tonnen Kohlendioxid in Deutschland lassen sich so vermeiden. Das ist besser als nichts, aber technisch wäre gerade im Bereich der privaten Wärmeerzeugung viel mehr viel schneller zu erreichen. Immerhin entsteht dort ein Drittel des Klimagases CO{-2}. Ein Wärmegesetz aber, das auch klammeren Hauseigentümern Anreize für eine energetische Modernisierung geben würde, fehlt ebenso wie die Absenkung der vorgeschriebenen Energiestandards für Neubauten auf das jetzt schon technisch Machbare. Sie ist erst einmal auf das nächste Jahr verschoben, als hätte man Zeit ohne Ende. extra Weitere Kabinettsbeschlüsse: Mit einer schärferen Kontrolle der großen Energiekonzerne will die Bundesregierung für niedrigere Strom- und Gasrechnungen in Deutschland sorgen. Durch Festlegung von Höchstpreisen dürfen Anbieter von Strom und Gas künftig ohne Nachweis keine Preise mehr fordern, die unangemessen weit über den Erzeugungskosten liegen. Der Verkauf von Lebensmitteln unter dem Einkaufspreis soll künftig grundsätzlich verboten werden. Das Bundeskabinett beschloss ein Gesetz, mit dem das Verbot von Preisdumping - auch als Folge mehrerer Gammelfleischskandale - konkreter gefasst wird. Ausnahmen gibt es weiter für Saisonartikel und unmittelbar vor Ablauf des Verfallsdatums einer Ware.

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