Große Defizite im Kampf gegen Terror

SAARBRÜCKEN. Gravierende Mängel im deutschen Sicherheitsapparat listen die Chefs von sechs Verfassungsschutzbehörden auf. Sie kritisieren, dass das Bundesamt im Kampf gegen den internationalen Terror Informationen nicht weitergebe.

Die Leiter von sechs süddeutschen Landesämtern für Verfassungsschutz beanstanden "deutliche Mängel" in der deutschen Sicherheitsarchitektur. In einer elfseitigen Analyse werden "Schwächen bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus" aufgelistet. Dem Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) werden schwerwiegende Versäumnisse vorgehalten. Die Bundesbehörde komme ihrer im Grundgesetz verankerten Aufgabe, der zentralen Auswertung sicherheitsrelevanter Vorgänge, um ein Gesamtlagebild für die Republik zu erstellen, nur unzureichend nach.Informationen werden nicht weitergegeben

In dem Papier, das unserer Zeitung vorliegt, heißt es: "Das BfV muss die Mosaiksteine, die durch die Beobachtung der Landesbehörden gewonnen werden, zu einem Gesamtlagebild zusammensetzen und die betroffenen Behörden informieren, wenn sich Zusammenhänge ergeben. Hier haben sich in der Vergangenheit deutliche Defizite gezeigt. Lagebilder werden vom BfV zu selten erstellt und weitergegeben." Die Informationsweitergabe erfolge häufig mit erheblichem Zeitverzug, im Einzelfall auch gar nicht. Es fehle an der Koordinierung zwischen Bundeskriminalamt (BKA), Bundesnachrichtendienst (BND), Militärischem Abschirmdienst (MAD) und BfV. Saar-Innenministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) bestätigte auf Anfrage die Existenz des Positionspapiers: "Das ist alarmierend. Es werden Handhabungsprobleme aus der Praxis aufgeführt." Eine im April von den süddeutschen Amtsleitern eingesetzte Arbeitsgruppe stellte die Kooperation der einzelnen Sicherheitsbehörden auf Bundes- und Länderebene auf den Prüfstand. Die Resultate brachte Helmut Albert, Chef des Saar-Verfassungsschutzes, zu Papier. Neben Albert stimmten auch die Amtschefs Helmut Rannacher (Baden-Württemberg), Günter Gold (Bayern), Lutz Irrgang (Hessen), Rainer Stock (Sachsen) und Thomas Sippel (Thüringen) ausdrücklich zu. Rainer Kuhn, Leiter des Verfassungsschutzes im sozialliberal regierten Rheinland-Pfalz billigte die Analyse nicht. Teilweise, so heißt es, seien die Schwächen im System bereits erkannt. So sei vereinbart worden, dass regelmäßige Lageberichte des BND zu Themen, die den internationalen Terrorismus betreffen, direkt den Landesbehörden zugehen. Zudem sollen Erkenntnisse zu diesem Sektor "stets an alle anderen Behörden im Verbund versandt werden". Es sei aber fraglich, ob dies tatsächlich geschehe. ur aktuellen Debatte, in der eine Zentralisierung der Verfassungsschutzämter reklamiert wird, heißt es, die Schwächen des Verfassungsschutzverbundes bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus lägen nicht in seiner föderalen Struktur, sondern in der unzureichenden Wahrnehmung der Zentralstellenfunktion durch das BfV. Defizite auf Länderebene werden ebenso eingeräumt.

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