"Hört endlich auf zu streiten!"

Der Bitburger Landtagsabgeordnete Michael Billen (52) bleibt Vorsitzender des CDU-Bezirks Trier. Mit hauchdünnem Vorsprung siegte Billen am Samstag in Irrel (Eifelkreis Bitburg-Prüm) gegen seinen Herausforderer Bernhard Kaster. Der 49-jährige Trierer Bundestagsabgeordnete gehört dem neuen Bezirksvorstand als Vize an.

Irrel. "Das war nicht abgesprochen", versichert Klaus Hostert eine halbe Stunde, nachdem er das Rednerpult verlassen hat. Es war nicht viel, was der weithin unbekannte Chef des CDU-Eifel-Ortsverbands Arzfeld zuvor auf dem Podium gesagt hat; eigentlich hat Hostert nur eine einzige Frage gestellt. Aber die Antwort darauf hat wahrscheinlich den bis dato spannendsten regionalen CDU-Bezirksparteitag entschieden und Michael Billen mit einer Nasenlänge Vorsprung das Amt des Bezirksvorsitzenden gesichert. "Warum, Herr Rauen, haben ausgerechnet Sie sich für Billen und gegen Kaster ausgesprochen", will Hostert von dem Salmtaler Bundestagsabgeordneten wissen. Ein Thema, das viele der 249 an diesem Tag nach Irrel gereisten Delegierten brennend interessiert, war es doch schließlich Michael Billen, der seinen Parteifreund Peter Rauen vor gerade einmal zweieinhalb Jahren in Wittlich als Bezirkschef entthront hatte. Und jetzt soll sich ausgerechnet Rauen in einer Vorstandsitzung für Billen stark gemacht haben? Für viele CDUler nur schwer vorstellbar."Die Genossen können sich freuen"

Tagungspräsident Peter Rauen will eigentlich an diesem Samstag nichts sagen zum neuerlichen Kampf um den Bezirksvorsitz. Aber als Hostert ihn fragt und alle Delegierten erwartungsvoll in Richtung von Rauens Platz auf dem Podium schauen, ergreift der Billen-Vorgänger dann doch das Wort. "Wenn wir Christdemokraten in Rheinland-Pfalz nicht damit aufhören, dass nachgetreten wird, und wir weiter persönliche Rachegelüste haben, kommen wir nie mehr an die Regierung", schreibt der Salmtaler seinen Parteifreunden ins Stammbuch. "Hört endlich mit diesen innerparteilichen Streitereien auf", sagt Rauen noch und bekommt dafür viel Applaus. Deutlich mehr Beifall als zuvor Billen und Kaster nach ihren Vorstellungsreden.Die Adressaten von Rauens leidenschaftlichem Appell sind klar, auch wenn der erfahrene Politiker keine Namen genannt hat. Es sind die CDU-Vorstände aus Trier und Trier-Saarburg, die Bernhard Kaster als Herausforderer von Billen ins Spiel gebracht haben. Eine Reaktion vor allem auf die vor einigen Monaten geplatzte Trier-Bitburger Sparkassenfusion. Aber reicht das als Grund aus, einen erst seit zweieinhalb Jahren amtierenden Vorsitzenden zu kippen? "Unsere Personaldiskussionen sind überflüssig wie ein Kropf", meint ein Delegierter aus dem Kreis Bernkastel-Wittlich. "Bei uns gibt es immer wieder parteiinternen Streit um Pfründe und Posten. Die Genossen können sich freuen."Es sind Aussagen wie diese und vor allem die des immer noch einflussreichen Peter Rauen (62), die dem Amtsinhaber an diesem Tag letztlich zum hauchdünnen Sieg verhelfen werden. Denn es sind nicht wenige Delegierte noch unentschlossen, hin und hergerissen zwischen dem hemdsärmeligen Eifeler Billen und seinem eher bedächtigen Herausforderer Kaster, als sie am Morgen den Irreler Gemeindesaal betreten. Zwar haben beide Kontrahenten ihre Bataillone weitgehend sicher - Billen die zahlenmäßig unterlegenen Eifel-Delegierten, Kaster die Mosel-Saar-Ruwer-Fraktion. Aber entschieden werde die Wahl von den zehn Prozent "Kurzentschlossene", sagen viele Delegierte schon vor dem offiziellen Startschuss des Parteitags. Zu diesem Zeitpunkt steht der Amtsinhaber im Vorraum des Gemeindesaals und drückt fast jedem ankommenden Parteifreund die Hand. Michael Billen macht einen selbstbewussten Eindruck. Wie weggeflogen die äußerliche Anspannung, die den 52-Jährigen ein paar Wochen zuvor beim Parteitag der Trier-Saarburger Christdemokraten in Reinsfeld noch im wahrsten Sinne des Wortes alt aussehen ließ. An diesem Samstag in Irrel strotzt der Eifeler scheinbar vor Kraft und Zuversicht. Sieht so jemand aus, der sein Vorsitzendenamt in ein paar Stunden verlieren kann? "Wenn Billen herausgefordert wird und kämpfen muss, ist er stark", sagt jemand, der ihn schon lange kennt.Szene mit Symbol-Charakter

Derweil steht Billens Herausforderer Bernhard Kaster umringt von einer Handvoll Parteifreunde direkt hinter der Eingangstür zum Saal. Anspannung und Nervosität sind dem bis dato erfolgsverwöhnten 49-jährigen Politiker ins Gesicht geschrieben. Sieht so jemand aus, der einen Amtsinhaber entthronen will?Die Szenerie im Vorfeld hat Symbol-Charakter für das Geschehen in den nächsten vier Stunden. Da ist Bernhard Kaster zwar der bessere Redner der beiden Kontrahenten - was ernsthaft auch niemanden überrascht haben dürfte. Aber programmatisch streift Kaster exakt die gleichen Themen wie sein Vorredner Billen. Das reicht nicht aus, wenn jemand den Delegierten klar machen will, dass ein personeller Wechsel an der Spitze unausweichlich ist."Es ist ähnlich wie beim Boxen", sagt ein hochrangiger Christdemokrat, der ahnt, dass es an diesem Samstag für Bernhard Kaster nicht reichen wird. "Wenn der Herausforderer nicht deutlich besser ist als der Titelverteidiger, hat er schon verloren."Um kurz nach 14 Uhr verkündet Tagungspräsident Peter Rauen das Ergebnis, mit dem inzwischen insgeheim die meisten Delegierten gerechnet haben dürften: "124 Stimmen für Michael Billen, 120 Stimmen für Bernhard Kaster." Es ist der knappste Sieg des alten und neuen CDU-Bezirksvorsitzenden. Aber es ist zugleich auch Michael Billens größter Triumph.

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