Hellwache Kinder

Berlin. Der Nachwuchs in Deutschland ist laut einer Studie von Unicef, dem Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, engagierter als gedacht. Weiteres Ergebnis der Erhebung: Kinder legen viel Wert auf Vertrauen.

Es gibt sie noch, die Kinder, die hellwach sind, interessiert und engagiert. Kaum zu glauben nach all den Schlagzeilen über immer dicker werdenden Nachwuchs, der nur noch vor dem Fernseher hockt und Chips futtert. Auf der anderen Seite findet man auch noch Eltern, die sich kümmern und ihre Kinder fördern - nach jüngsten Berichten über Verwahrlosungen und Misshandlungen zweifelte man daran. Die meisten Sechs- bis 14-Jährigen sind bereit, sich für andere einzusetzen. Sie geben an, ein gutes, vertrauensvolles Verhältnis zu ihrem Elternhaus zu haben. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Studie, die das Magazin "GEOlino" und Unicef gestern in Berlin vorstellten. Das Interesse der Kinder gilt nicht nur Comics, Playstation oder Popstars, sondern auch den Lebensverhältnissen der Altersgenossen in Bangladesch und der Funktionsweise der Toilette im Space-Shuttle. 900 Jungen und Mädchen wurden befragt - und siehe da, die Interessen sind vielfältiger als geglaubt. Vor allem das soziale Engagement steht hoch im Kurs, wenn es darum geht, Freunden zu helfen oder sich für Tiere, Vereine sowie ärmere oder hilfsbedürftige Menschen zu engagieren. So wollen 93 Prozent wann immer es geht "Freunden helfen", für mehr als jedes zweite Kind ist ohnehin Vertrauen "total wichtig". 49 Prozent schätzen vor allem Zuverlässigkeit und Treue. Die Umwelt schützen wollen 52 Prozent, sich in der Schule engagieren 50 Prozent. Fast alle Kinder (97 Prozent) gaben an, dass die eigenen Eltern oder die Großeltern ihnen Werte "am besten beibringen" oder "vormachen" können. Im Teenageralter gewinnen dann Freunde und soziale Gruppen bei der Wahl von Vorbildern an Bedeutung. Von berühmten Personen (16 Prozent), von Medien (zwölf Prozent), Kirchen (zehn Prozent) und Politikern (drei Prozent) erwarten die Kinder in dieser Hinsicht deutlich weniger Hilfe. Freundschaft, Vertrauen und Zuverlässigkeit sind ihnen darüber hinaus wichtiger als Geld und gute Manieren. "Die Gesellschaft kann von den Kindern nur lernen, insbesondere was das soziale Verantwortungsbewusstsein betrifft", kommentierte gestern Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD) die Studie, die in Zusammenarbeit mit ihrem Ministerium erstellt wurde. Die Ergebnisse scheinen dies zu belegen: Für die befragten Kinder haben vor allem die Kinderrechte einen hohen Stellenwert. Am wichtigsten ist ihnen mit 99 Prozent das Recht, ohne Gewalt aufwachsen zu können. Die Rechte "Spielen dürfen" und "besonderer Schutz für Kinder in Kriegsgebieten" erhalten ähnlich hohe Zustimmung. "Wer Kinder stärken will, muss ihre Familien stärken und ihnen gute Lern- und Bildungsmöglichkeiten verschaffen", betonte Unicef-Geschäftsführer Dietrich Garlichs. Nur: In Deutschland entscheidet halt immer noch die soziale Herkunft mehr als in den meisten anderen Industrieländern über den Schulerfolg des Nachwuchses.

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