Hering wehrt sich gegen Vorwurf der Verschleierung

Mainz · SPD-Fraktionschef Hendrik Hering weist Vorwürfe zurück, in seiner Zeit als Wirtschaftsminister ein Gutachten zurückgehalten zu haben, das zur Vergabe des Betriebs der Einrichtungen am Nürburgring eine öffentliche Ausschreibung empfahl. Das Land hatte ohne Ausschreibung einen Pachtvertrag mit Hotelier Jörg Lindner und dessen Partner Kai Richter geschlossen.

Mainz. Das Betriebskonzept für das 330 Millionen Euro teure Freizeit- und Geschäftszentrum an der Eifel-Rennstrecke ist seit dessen Abschluss umstritten. Kritiker warnen vor Millionenverlusten. Seit geraumer Zeit prüft auch die EU-Kommission, ob das Land unter der damaligen SPD-Regierung gegen Vergaberecht verstoßen hat.
Neue Nahrung erhalten die Vorwürfe durch einen Bericht des Magazins Spiegel. Demzufolge soll die weitgehend landeseigene Nürburgring GmbH vor der Vergabe des Betriebs der Anlagen eine Stellungnahme der Bonner Kanzlei Redeker beauftragt und am 25. Januar 2010 bekommen haben. Die Juristen hätten gewarnt, dass nach der gängigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in einem solchen Fall "jedes interessierte Unternehmen die Chance haben muss, sich um den Auftrag zu bewerben". Das damals von Hering geführte Wirtschaftsministerium habe dann ein zweites Gutachten der Kanzlei Luther beauftragt, das einen Verzicht der Ausschreibung für vertretbar gehalten habe. Das Gutachten habe aber erst Ende Mai vorgelegen, als die Vergabe schon erfolgt war.
Hering sagt dazu: "Die Redeker-Expertise hat nur auf wenigen Seiten abstrakt zum Vergaberecht resümiert, nicht konkret auf den Fall bezogen." Diesen habe erst das Luther-Gutachten berücksichtigt, "das uns natürlich vor Vertragsabschluss vorgelegen hat".
Die Dienstleistungskonzession habe nur unter Beteiligung eines privaten Dritten - Kai Richter als damaliger Eigentümer der Gebäude - vergeben werden können. Eine Ausschreibung sei nicht möglich gewesen.
Die Nürburgring Automotive GmbH (NAG) geht von rechtsgültigen Verträgen mit dem Land aus. "Uns war nicht bekannt, dass zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Pachtverträge im März 2010 ein juristisches Gutachten der Kanzlei Redecker vorlag, das eine EU-weite Ausschreibung des privatisierten Betriebs am Nürburgring empfahl", sagt Geschäftsführer Jörg Lindner.
Scharfe Kritik von CDU und FDP


Man habe sich "auf die öffentlichen Vertragspartner verlassen". Eine mögliche neue Ausschreibung und Rückabwicklung der Verträge mit dem Land sieht die NAG nicht. "Wir haben einen gültigen Pachtvertrag über 20 Jahre geschlossen", sagt Lindner.
Scharfe Kritik am Land kommt von CDU und FDP. Die Landesregierung müsse das Redeker-Gutachten offenlegen, fordert CDU-Fraktionsvize Alexander Licht. Er habe bereits im Mai 2010 nachgefragt, doch damals habe Minister Hering "das für die Landesregierung ungünstige Redeker-Gutachten in seiner Antwort unter den Tisch fallen lassen". Die Verschleierungstaktik gehe weiter. Hering weist diesen Vorwurf zurück: "Es wurde in der Kleinen Anfrage nicht nach Gutachten gefragt, sondern nach konzeptionellen Überlegungen." Die CDU will den Sachverhalt dennoch im Landtag thematisieren und Antworten einfordern.
"Was den Sozialdemokraten nicht passt, wird eben passend gemacht", kritisiert der FDP-Landesvorsitzende Volker Wissing. Nach dem ersten sei ein zweites Gutachten beauftragt worden, "welches dann zu dem aus SPD-Sicht wünschenswerten Ergebnis kam, dass eine Auftragsvergabe ohne Ausschreibung möglich sei". Dies sei "ein weiterer Beleg für die zunehmende Abgehobenheit der Regierung Beck".
Wissing greift auch die Grünen an., die "bisher nicht als moralisches Korrektiv zur SPD in Erscheinung getreten" seien.

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