Hessen hat die Stimmung zerstört

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil spricht im TV-Interview über Roland Kochs Wahlkampf, die Große Koalition und die lästige Linkspartei.

Berlin. (wk) Die Wahlkämpfe haben das Klima in der Großen Koalition nachhaltiger beschädigt als erwartet. Das sieht auch SPD-Generalsekretär Hubertus Heil so. Im Interview mit unserem Korrespondenten Werner Kolhoff fordert er eine schnelle Rückkehr zur Sacharbeit und warnt vor einem allzu frühen Bundestagswahlkampf.Unser Eindruck ist, dass sich SPD und CDU in den Landtagswahlkämpfen so sehr entfremdet haben, dass jetzt in der Berliner Koalition kaum noch was geht. Richtig? Heil: Deutschland kann sich keinen Stillstand leisten. Wir werden Druck machen, damit es weitergeht. Wir müssen für wirtschaftliche Dynamik sorgen und gleichzeitig dafür, dass der Aufschwung allen zugute kommt.Zwischen dem letzten Spitzentreffen der Koalition im November und dem nächsten Anfang März werden vier Monate vergangen sein. Das zeigt doch, dass die Regierung das Regieren eingestellt hat.Heil: Nein. Regiert wird nicht nur in den Sitzungen des Koalitions-Ausschusses. Aber eines stimmt: Der öffentliche Eindruck, der wegen der Wahlkämpfe entstanden ist, ist nicht gut für die Große Koalition. Ursache dafür ist die Art und Weise, wie Roland Koch seinen Wahlkampf betrieben hat. Leider hat Angela Merkel dieser Kampagne nicht Einhalt geboten. Das hat das Klima in der Koalition und ihr Ansehen bei den Bürgern nicht gerade befördert und wirkt nach. Ich kann nur an die Union appellieren: Wir dürfen jetzt nicht schon anfangen, einen Bundestagswahlkampf zu führen. Die SPD wird darauf dringen, dass es mit der Sacharbeit weitergeht. Es gibt eine Fülle von Projekten, die in Vorbereitung sind.Vor allem gibt es eine Fülle von Streitthemen: Mindestlohn, Krippenausbau, Bahnreform, Erbschaftssteuer, Online-Durchsuchungen.Heil: Deshalb müssen wir jetzt unverzüglich weiterarbeiten. Die SPD weiß, was sie will. Das Problem ist eher, dass die Union mal Hü und mal Hott sagt. Von dort gibt es Sperrfeuer.Rührt die allgemeine Verunsicherung vielleicht auch daher, dass beide Regierungsparteien nicht mehr wissen, wie sie Mehrheiten bilden können? Siehe Hessen.Heil: Es gibt in Hessen eine Mehrheit jenseits der abgewählten CDU und jenseits der Linkspartei. Eine Mehrheit, die wirtschaftliche Dynamik, soziale Gerechtigkeit und ökologische Vernunft verbinden kann.Sie meinen eine Ampel-Koalition. Es gibt in Hessen aber auch eine linke Mehrheit aus SPD, Grünen und der Linken.Heil: Wir haben in Hessen vor der Wahl klar gesagt, dass es mit der Linken keine Zusammenarbeit gibt. Das gilt.Wie lange hält denn die Vorgabe, in keinem westdeutschen Land mit der Linkspartei zu koalieren?Heil: Das entscheiden die Landesverbände. Aber wir haben gemeinsam eine klare Auffassung: Die Linkspartei ist in den westdeutschen Ländern nicht regierungsfähig. Unser Ziel bleibt es, sie aus den Parlamenten herauszuhalten. Das kann auch gelingen. Es gibt grundlegende Unterschiede bei der Linkspartei zwischen Ost und West. Im Osten haben dort viele Leute über Jahre hinweg versucht, daraus eine regierungsfähige Partei zu machen. Im Westen hingegen gibt es eine Fülle von Sektierern.So ein Zustand kann sich ja ändern.Heil: Blicken Sie nur in die Bremer Bürgerschaft. Die Links-Fraktion dort ist ein chaotischer Haufen. Ich bin kein Prophet, was in zehn oder 20 Jahren sein wird. Aber was man jetzt sieht, ist eine Partei, die absolut nicht regierungsfähig ist. Wir werden uns sachlich und selbstbewusst mit ihr auseinandersetzen. Es gilt: Wer konkret etwas für soziale Erneuerung tun will, muss die SPD wählen. Zur Person Hubertus Heil, 1972 in Hildesheim geboren, ist seit 2005 Generalsekretär der SPD. Er studierte Politologie und der Soziologie und war zunächst als Mitarbeiter von Bundestagsabgeordneten tätig. Gleichzeitig war Heil von 1995 bis 1997 Geschäftsführer bei der Arbeitsgemeinschaft für Arbeitnehmerfragen im SPD-Landesverband Brandenburg. Er ist seit 1988 Mitglied der SPD.

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