"High noon" im Rinderzüchter-Staat

Der schwarze Präsidentschaftsbewerber Barack Obama wird Umfragen zufolge bei den US-Wählern immer beliebter. Wie die Zeitung "New York Times" in ihrer Online-Ausgabe berichtete, haben 45 Prozent aller Wähler eine positive Meinung von Obama. Seine demokratische Konkurrentin Hillary Clinton schätzen dagegen laut Umfragen lediglich 35 Prozent der Wähler. Dagegen haben 36 Prozent eine günstige Meinung vom republikanischen Bewerber John McCain.

San Antonio. Die Menge jubelte, stampfte mit den Füßen und ließ die Kandidatin kaum zu Wort kommen. Tausende hatten sich zuvor vor dem Eingang der St. Marys-Universität in San Antonio gedrängt, um 90 Minuten mit Hillary Clinton zu verbringen. "Es war ein Jubel-Festival für die Demokratin", bilanzierte die örtliche Tageszeitung den Auftritt der Demokratin. Es war auch ein seltener Augenblick der Genugtuung für eine Präsidentschaftsbewerberin, die sich vom Fernsehsender CNN am Montag bereits die Zuschauer-Umfrage gefallen lassen mußte: Soll die frühere First Lady Stil beweisen und ihre Kandidatur jetzt beenden? Gut die Hälfte sagte ja - schließlich hat Barack Obama eine Serie von mittlerweile elf Vorwahl-Siegen in Folge vorzuweisen, schließlich sehen jüngste Umfragen Obama in Texas - wo am 4. März 228 Delegiertenstimmen zu vergeben sind - mittlerweile mit fast 50 zu 46 Prozent vorn. Man müsse im Rinderzüchter-Staat und in Ohio gewinnen, oder alles sei vorbei, heißt es in einem internen Memo im Clinton-Lager, wo - glaubt man Berichten amerikanischer Medien - mittlerweile einige Berater längst abendlichen Trost bei der Flasche suchen. Doch Hillary selbst gibt sich auf dem Schlachtfeld Texas weiter kämpferisch und mit nüchterner Konzentration - und sieht dem "High noon" mit ihrem Kontrahenten optimistisch entgegen. Der Grund: Ihr Vertrauen in die Einwanderer aus Lateinamerika, die am Ende rund 40 Prozent der abgegebenen Stimmen ausmachen könnten. Denn die Auftritte in Texas zeigen, dass die Clinton-Müdigkeit der anderen Bundesstaaten hier noch nicht präsent ist. "Hillary - erste Latina-Präsidentin", lauten immer wieder Plakate im Publikum. In Kalifornien gewann die Bewerberin, getragen von der Begeisterungswelle der Latinos, mit neun Prozent Vorsprung - ein Sieg, den sie nun in Texas glaubt wiederholen zu können, weil sich bereits eine enorme Beteiligung der Frühwähler abzeichnet. War der Staat wegen des späten Wahltermins für die Nominierungs-Entscheidung in früheren Präsidentschaftsrennen fast immer bedeutungslos, so sorgt nun die Aussicht, man werde das Zünglein an der Waage sein, für ungewohnte Euphorie. Seit dem 19. Februar, dem ersten möglichen Stimmabgabetag für Frühwähler, wurden von El Paso bis Amarillo bereits in den ersten drei Tagen 250 000 Stimmen abgegeben - eine Verdoppelung gegenüber 2004. Doch auch im Obama-Lager glaubt man an eine große Unterstützung im Latino-Lager - und verweist darauf, dass man die bessere Basis-Organisation in den rund 8000 Wahlbezirken von Texas habe. Doch die Clintons halten dagegen - unter anderem mit "Bring your cellphone"-Hauspartys, wo Hillary-Fans Nachbarn, Freunde und Arbeitskollegen dazu auffordern, während eines abendlichen Miteinanders per Handy Listen potenzieller Clinton-Wähler anzurufen und zur Stimmabgabe aufzufordern. Auch will Bill Clinton als wichtigster Unterstützer in dieser Woche mehrere Großauftritte in Texas absolvieren, wo - wie heute (Mittwoch) in Austin - Zehntausende Besucher erwartet werden. Begleitet wird diese Boden-Offensive von einer deutlichen Verschärfung der Tonart in der politischen Auseinandersetzung. Die Absicht Clintons: Obama als außenpolitisches Risiko darzustellen. Dessen Ankündigung, sich ohne Vorbedingung mit Vertretern Nordkoreas, Irans oder Pakistans zu treffen, laufe auf eine "Legitimierung von Schurken-Regimes" hinaus, wetterte Clinton am Montagabend - eine Aussage, die auch auf unentschlossene Konservative in Texas abzielt. Doch ob die Attacken Wirkung zeigen? Die "New York Times" sprach jetzt von einem sich weiter verdunkelnden Horizont für die Kandidatin, und politische Experten würden ihre Dollar mittlerweile fast immer auf Barack Obama setzen. "Ich wäre äußerst überrascht, wenn Obama nicht Texas gewinnt", sagt beispielsweise Politik-Wissenschaftler Cal Jillson von der Southern Methodist-Universität in Dallas. Auch führende Tageszeitungen im Staat haben sich mittlerweile fast alle für den schwarzen Hoffnungsträger ausgesprochen. "Momentum, Energie und Organisation - all dies spricht für Barack Obama, und Hillary Clinton hat so viele Probleme, dass auch die Latinos sie nicht retten werden", glaubt Jaime Castillo von der "San Antonio Express News". Weiterer Bericht auf Seite 23Extra Wirbel um Turban-Bild: Ein Foto von Barack Obama in traditioneller Kleidung von Muslimen und mit einem Turban auf dem Kopf hat im US-Wahlkampf für Wirbel gesorgt. Das Bild kursiert im Internet. Obama-Wahlhelfer sprachen von "schändlicher, beleidigender Angstmacherei". Die Aufnahme sei bei einem Besuch Obamas 2006 in Kenia gemacht worden. Der Präsidentschaftsbewerber ist der Sohn eines kenianischen Austauschstudenten und einer weißen Amerikanerin. Das US-Internetportal www.drudgereport.com hatte das Bild unter dem Hinweis veröffentlicht, es sei von Mitarbeitern der demokratischen Mitbewerberin Hillary Clinton in Umlauf gebracht worden. Das wies Clinton laut US-Medienberichten zurück. Demnach beschuldigte sie ihren Gegner, den Wirbel zu nutzen, um von seinen Schwächen abzulenken.

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