Hilferuf der Lehrer

SCHWEICH. Als unerträglich bezeichnen die Lehrer des privaten Schweicher Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasiums die Situation an der Schule. In einem Brief rufen sie um Hilfe.

Heinrich Bentemann sei ein charismatischer Macher, jemand, dem die Schule viel zu verdanken habe, sagt Jörg Neumann, Lehrer am Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium. Zunächst klingt diese Lobeshymne widersprüchlich angesichts der Tatsache, dass die komplette Lehrerschaft der evangelischen Ganztagsschule dem umstrittenen Schulleiter die Gefolgschaft gekündigt hat, und es seit Tagen Proteste gegen Bentemann gibt. Doch bei der Kritik an dem Schulleiter gehe es gar nicht um seine Leistungen, erklärt Neumann, Mitglied der Mitarbeiterversammlung der Schule. Das, was den Schulleiter in den ersten Jahren der 2001 gegründeten Schule ausgezeichnet habe - Hartnäckigkeit bei der Umsetzung von Ideen - habe nun zur Eskalation geführt. Er habe keine Kritik zugelassen, auch demokratische Strukturen seien von dem 55-Jährigen unterbunden worden. Als Beispiel nennt Neumann den im rheinland-pfälzischen Schulgesetz vorgeschriebenen Schulausschuss. Dieses Gremium, in dem Lehrer, Schüler und Eltern vertreten sind, hat laut Gesetz die Aufgabe, "für einen sachgerechten Ausgleich insbesondere bei Meinungsverschiedenheiten zu sorgen und Anregungen für die Gestaltung der schulischen Arbeit zu geben". Einen solchen Ausschuss gebe es an dem Gymnasium nicht. Die Mitarbeiterversammlung wirft Bentemann vor, Entscheidungen ohne Mitsprache von Lehrern und Eltern zu treffen. Zum Beispiel über die Auswahl von Schulbüchern, die im Unterricht benutzt werden. Die Lehrer der Schule gehen nun in die Offensive, nennen erstmals Gründe, warum es zu Konflikten an dem Gymnasium gekommen ist. Man habe immer versucht, die Konflikte zu lösen - laut Neumann erfolglos. Die evangelische Landeskirche will die Probleme durch Vermittlung lösen. Die Lehrer seien gegen eine solche Mediation, sagen Sons und Neumann. Sie sehen die anhaltenden Konflikte in der Person Bentemanns begründet. Das hat die Mitarbeitervertretung der Landeskirche bereits am 7. Februar mitgeteilt. Nun haben die 27 Lehrer die Notbremse gezogen. Am letzten Tag vor denOsterferien haben sie einen Brief an die Schulaufsicht bei der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion (ADD) in Trier, die Dietrich-Bonhoeffer-Stiftung als Schulträger, das Landeskirchenamt und an Bentemann geschrieben. Darin teilen sie mit, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Schulleiter nicht möglich sei. "Um dieser Eskalation vorzubeugen, war von der Stiftung die Beurlaubung beschlossen worden", sagt Sons. Die Beurlaubung endete vor einer Woche, weil bei der Landeskirche noch nicht über den Antrag des Stiftungsvorstands, Bentemann in den Wartestand zu versetzen, entschieden ist. Der Wartestand ist eine spezifische Regelung des evangelischen Kirchenbeamtenrechts bei Disziplinarverfahren. Die Situation sei mittlerweile "unerträglich"

Die Lehrer betrachten die Situation an der Schule mittlerweile als "unerträglich". "Mitarbeiter haben Angst", sagt Neumann. Der außergewöhnlich hohe Krankenstand bei der Rückkehr des Schulleiters sei kein Protest gewesen: "Es gibt zahlreiche Kollegen, die durch die Situation ernsthaft krank geworden sind", so Sons. Seit Tagen bemüht sich die ADD um eine Lösung des Konflikts. Nicht ohne Grund. Denn die Finanzierung der Schule liegt nicht allein bei der evangelischen Kirche und den Eltern, sondern zum größten Teil bei der öffentlichen Hand. In den vergangenen drei Jahren hat die Stiftung insgesamt 7,8 Millionen Euro an Zuschüssen aus den Schulbauprogrammen des Bundes erhalten. Laut ADD liegen die nachgewiesenen Gesamtkosten für die Gebäude bei 17,4 Millionen Euro. Das Land hat die Schule allein im Schuljahr 2004/2005 mit rund 974 000 Euro unterstützt.

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