"Ich hätte nicht gedacht, dass es so viele sind"

TRIER. Rasterfahndung an der Uni: Im Visier stehen Studenten, die im Bafög-Antrag ihr Vermögen als geringer angegeben haben als beim Finanzamt. Der umstrittene Datenausgleich deckte bundesweit rund 10 000 Bafög-Betrüger auf. Auch Trierer Studenten müssen mit Aufforderungen rechnen, durch Falsch-Angaben erhaltene Fördergelder zurückzuzahlen.

 Studenten an der Uni Trier: Bafög-Empfängern, die Vermögen verschwiegen haben, drohen Rückzahlungen und Bußgelder.Foto: Friedemann Vetter

Studenten an der Uni Trier: Bafög-Empfängern, die Vermögen verschwiegen haben, drohen Rückzahlungen und Bußgelder.Foto: Friedemann Vetter

"Ich bin überrascht. Es sind schon einige", sagt Peter Denis, Leiter des Bafög-Amtes der Universität Trier. Genaue Zahlen nennt er nicht: "Wir stecken noch mitten in der Überprüfung." Trierer Studenten, die in ihrem Antrag auf Beihilfen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (Bafög) ihr Vermögen wissentlich oder unwissentlich verschwiegen haben, werden derzeit gebeten, ihre finanzielle Situation erneut offenzulegen. Wer durch Falsch-Angaben Bafög erhalten hat, muss das Geld zurückzahlen. Der umstrittene Datenabgleich der Bafög-Ämter mit den Informationen des Bundesamtes für Finanzen entlarvt auch Falsch-Angaben der 4000 Trierer Bafög-Studenten. Wer beim Finanzamt steuerlich Freibeträge für Vermögen beantragt, beim Bafög-Antrag aber kein Vermögen angegeben hat, steht im Verdacht, absichtlich gelogen zu haben. "Ich habe mein Vermögen nicht angegeben, weil ich mir das Geld in vier Jahren Arbeit gespart habe und mir damit mein Studium zum Teil finanziert habe", sagt ein Psychologie-Student. Seinen Namen will er nicht nennen. Er schämt sich und fürchtet weitere Repressionen. Noch hat er keine Aufforderung für eine Rückzahlung erhalten. Seine absichtlichen Falsch-Angaben führt er auf seine finanzielle Situation zurück: "Ich hatte Angst, dass ich sonst gar nichts bekomme und dann mit meinem Ersparten nicht hinkomme." Er fürchtet, bis zu 15 000 Euro zurückzahlen zu müssen. Bundesweit geht es um Rückforderungen von mehreren Millionen Euro. Von einigen hundert Studenten forderte die Staatsanwaltschaft zudem Bußgelder von bis zu 2500 Euro wegen Sozialbetrugs. "Bei uns ist die Staatsanwaltschaft noch nicht eingeschaltet", sagt Denis. Wer aber einen Rückforderungs-Bescheid bekomme, müsse grundsätzlich auch mit Bußgeld rechnen. Wie hoch die Strafe ausfällt, ist im rheinland-pfälzischen Bildungsministerium noch nicht entschieden: "Es wird von Fall zu Fall geprüft, ob und in welcher Höhe ein Bußgeld gefordert wird", sagt Bafög-Referent Helmut Hauk. Er stellt fest: "Es sind schon viele Fälle. Am Anfang hat man nicht so viele vermutet." Genaue Zahlen lägen ab dem 30. September vor. Zum umstrittenen Datenabgleich sagt der Referent: "Bund und Länder gehen davon aus, dass für den Abgleich eine Rechtsgrundlage vorhanden ist." So sieht es auch der stellvertretende rheinland-pfälzische Datenschutz-Beauftragte Klaus Globig: "Die vorhandenen Regelungen lassen sich durchaus so interpretieren, dass sie einen solchen Datenabgleich erlauben. Wir haben das nicht gerügt und wollen das nicht rügen." Schließlich gehe es um die gerechte Verteilung öffentlicher Mittel. "Das ist sozial ungerecht, wenn Leute vom Bafög profitieren, die es nicht nötig haben", sagt der Trierer Student Jerom Jaminet. Der 23-Jährige bekommt kein Bafög. Von den Bafög-Empfängern wollte keiner mit Namen eine Stellungnahme abgeben. Denn sie treibt derzeit noch eine weitere Sorge um: "Manche haben auch nur deshalb steuerliche Freibeträge beantragt, um ihre Eltern zu entlasten. Was ist, wenn das jetzt auch durch den Datenabgleich rauskommt?"

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