„Ich wäre ersoffen“

TRIER. Er rettete zwei Kinder – und wurde anschließend selbst gerettet: Joachim Raville (48) aus Neumagen war in Thailand am Strand, als die Flutwelle das Urlaubsparadies verwüstete.

 Aus Thailand zurück: Joachim Raville aus Neumagen im Trierer Brüderkrankenhaus.

Aus Thailand zurück: Joachim Raville aus Neumagen im Trierer Brüderkrankenhaus.

Foto: Foto: Wolfgang Lenders

Joachim Raville ist froh, dass er noch am Leben ist. „Ich hab’ mit dem Leben abgeschlossen. Ich hätte nicht gedacht, dass ich da rauskomme“, sagt er. Der Neumagener verbrachte seinen Urlaub in Thailand, als die Flutwelle am zweiten Weihnachtstag den „schönsten Strand von Thailand“ – so Raville – in ein Katastrophengebiet verwandelte. „Auf einmal ging das Wasser zurück“, berichtet der Mann.

„Ich wusste, hier bleib ich keine Sekunde länger.“ Gemeinsam mit einem Freund war Joachim Raville am „Patong Beach“. „Otto lauf, lauf, hau ab“, habe er gerufen, als die Flutwelle auf sie zurollte. „Doch das Wasser war schneller, kam schon.“ Die beiden wurden getrennt, der Freund erreichte die schützenden Häuser. „Ich bin gefallen, habe mich dann an einem Geldautomaten festgehalten“, berichtet Raville. Die Automaten stehen an dem Strand im Freien, in regelmäßigen Abständen. An dem Geldautomat konnte sich der Urlauber festhalten. „Dann kamen zwei kleine Mädchen wie Enten angespült.“ Er habe die beiden auf seine Schultern gehoben und dann auf ein Wellblechdach. Dort seien sie weiter gelaufen. Einen Moment noch konnte sich Raville halten. „Dann kam der Automat gefallen“, berichtet er. Mit gebrochenem Lendenwirbel steckte der Tourist unter dem Geldautomaten fest. „Ein Polizist und eine englische Urlauberin haben mich aus dem Wasser gezogen und in ein Hotel gebracht“, berichtet er. „Fünf Minuten später kam die zweite Welle. Wenn die mich nicht rausgeholt hätten, ich wäre ersoffen.“

Auf einem Handwagen transportierten Einheimische Raville ins Krankenhaus von Patong. „Da war die Hölle los“, sagt er. „Einer ist vor meinen Augen gestorben. Die haben versucht zu reanimieren – aber nichts.“ Von Patong aus wurde der Urlauber ins Bangkok Hospital in Phuket Town verlegt, dort zwei Tage nach der Katastrophe operiert. „Die Ärzte haben hervorragende Arbeit geleistet“, sagt er. „Es ist toll, was die auf die Beine gestellt haben.“ Mit Familie und Freunden aus Deutschland hielt der Neumagener per Handy Kontakt. „Das wird die teuerste Telefonrechnung in meinem Leben“, sagt er. „Aber, egal.“ Besonders aufgemuntert hätten ihn die SMS-Nachrichten seiner Arbeitskollegen. Nach zwei Tagen in Phuket Town wurde Raville nach Bangkok geflogen. Von dort ging es am vergangenen Montag mit einem Krankentransport der Luftwaffe nach Deutschland – in einem MedEvac-Airbus, der 42 liegende und acht sitzende Patienten transportierte. „Die Bedienung dort war hervorragend, es hat an nichts gefehlt“, sagt Raville und hat dabei ein Lächeln auf den Lippen.

Nun liegt Joachim Raville in Trier im Brüderkrankenhaus. „Bangkok Hospital Group“ steht auf einer Wasserflasche auf seinem Nachttisch. „Die hat eine Mitarbeiterin der deutschen Botschaft in meine Tasche gepackt“, erzählt er. Raville, der bereits sieben Mal in Thailand war, will dort weiterhin seinen Urlaub verbringen. „Die Menschen in Thailand können ja nichts dafür“, sagt er. „Ich hab viele Freunde dort. Das ist halt ein Traumland.“

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