Im Prinzip ja - aber alles nicht so richtig beschlossen

Berlin · Wäre nicht die Politik, die Regierung könnte ganz gut arbeiten. Union und SPD verständigten sich am Dienstagabend erstaunlich kooperativ auf weitere Vorhaben oder wenigstens auf die nächsten Schritte dazu. Umrahmt wurde das Treffen des Koalitionsausschusses freilich von wilden gegenseitigen Vorwürfen.

Berlin. Von einem "Krisengipfel" hatte der Chef der CSU-Landesgruppe, Peter Ramsauer, vorher gesprochen, und CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla meinte, die SPD sei keine Volkspartei mehr. Deren stellvertretende Vorsitzende Andrea Nahles hielt der Union vor, ihr gehe wegen der im September anstehenden Bayern-Wahl "die Flatter". Das ganze Geplänkel spielte am Dienstagabend im Kanzleramt aber nur die ersten fünf Minuten eine Rolle, als SPD-Chef Kurt Beck feststellte, das CSU-Steuersenkungs-Konzept passe nicht zur Regierungslinie der Haushaltskonsolidierung, was die Christsozialen zurückwiesen. Nach diesem Intermezzo ging man zum Beelitzer Spargel und zur Tagesordnung über - und fand Kompromisse.

KFZ-Steuer: Der baden-württembergische Ministerpräsident Günter Oettinger erklärte sich namens der Unions-Länder einverstanden, dass der Ertrag der KFZ-Steuer künftig nicht mehr den Ländern, sondern dem Bund zukommt. Als Ausgleich sollen die Länder vom Bund den Festbetrag von neun Milliarden Euro jährlich aus dem Umsatzsteueraufkommen erhalten. Das entspricht etwa den KFZ-Steuer-Einnahmen. Der Bund will, wenn diese Verfassungsänderung beschlossen ist, die KFZ-Steuer von Hubraum- auf CO{-2}-Basis umstellen. Wie genau - diese die Autofahrer wie die Hersteller interessierende Frage wurde noch nicht entschieden. Allerdings herrschte Einigkeit, Besitzer von Altfahrzeugen nicht zu sehr zu belasten.

Kindergeld: Kindergeld und Kinderfreibeträge sollen zum 1. Januar 2009 erhöht werden. Um wie viel, das hängt von den Zahlen ab, die im Bericht über das Existenzminimum im Herbst stehen werden. Mit ihm wäre eine Erhöhung verfassungsrechtlich sowieso notwendig geworden, denn das Existenzminimum muss an die gestiegenen Lebenshaltungskosten angepasst werden. Noch nicht geredet wurde über den Wunsch der SPD, bei dieser Gelegenheit das System zu ändern und allen Einkommensgruppen ein gleich hohes Kindergeld zu zahlen, also steuerliche Verrechnungsmöglichkeiten abzuschaffen.

Arbeitslosenversicherung: Der Beitrag soll zum nächsten Jahr sinken. Die Höhe steht ebenfalls noch nicht fest, jedoch ist eine Verringerung von 3,3 auf drei Prozent wahrscheinlich.

Mindestlohn: Der regierungsinterne Streit um das Entsendegesetz und das Mindestarbeitsbedingungsgesetz ist offenbar beigelegt. Beide sollen noch vor der Sommerpause in den Bundestag. Das Entsendegesetz regelt, unter welchen Bedingungen Tarifverträge für allgemeinverbindlich erklärt werden können. Das Mindesarbeitsbedingungsgesetz greift dort, wo weniger als die Hälfte der Beschäftigten einem Tarifvertrag unterliegen. Hier kann ein Ausschuss künftig Mindestentgelte festlegen. Nicht entschieden wurde, welche Branchen als nächste in das Entsendegesetz aufgenommen werden sollen. Ein von beiden Parteien bestelltes Gremium soll über die Anträge befinden, auch über das umstrittene Thema "Zeitarbeitsbranche".

Erbschaftssteuer: Eine Entscheidung fällt erst zwei Tage nach der Bayern-Wahl, am 30. September. Dann soll die Bund-Länder-Arbeitsgruppe letzte Hand an den Gesetzentwurf legen. Die SPD interpretierte das Ergebnis so, dass man sich im Grundsatz einig sei, nur habe "Herr Huber eben Probleme wegen eines bestimmten Termins", wie Beck nach dem vierstündigen Treffen sagte.

Der CSU-Mann konterte, Beck habe wohl nicht richtig zugehört, es gebe noch 16 offene Punkte. Da war sie dann wieder, die Politik, die das Regieren so schwer macht.

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