In die Misere geschlittert

TRIER. Trotz positiver Prognosen: Die Arena Trier schreibt rote Zahlen. Der Grund für die finanzielle Misere ist laut Betreibergesellschaft und Stadtverwaltung nicht in geringeren Einnahmen aus der Vermarktung zu suchen, sondern in der verstärkten Nutzung durch den Schul- und Vereinssport.

Vielleicht hatte Helmut Schröer eine Ahnung, als er kurz vor dem Ratsbeschluss zum Arena-Bau im Oktober 2001 sagte: "Eine Halle zu bauen, ist relativ einfach. Sie dann kostengünstig für die Stadt zu führen, ist eine andere Frage." Was der Trierer Oberbürgermeister im Trierischen Volksfreund prophezeite, ist Realität geworden: Die Castel GmbH hat ihr erstes vollständiges Geschäftsjahr mit einem Minus von 390 000 Euro abgeschlossen. Für die Stadt sollten aus der Betreibung der Halle ursprünglich keine weiteren Kosten entstehen. Ein von der Verwaltungsspitze hoch gelobtes Konzept versprach, dass das Betreiberrisiko von der Castel-GmbH – an der die Stadt mit 40 Prozent beteiligt ist – getragen werden solle. Schließlich hatte die Stadt bereits in den Hallenbau fünf Millionen Euro fließen lassen, die jährlich mit rund 400 000 Euro abgetragen werden müssen. Auch für die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion Trier (ADD), die für das Land die Zuschussmöglichkeiten prüfte, stand fest: "Aus dem Betrieb der Arena Trier werden keine dauerhaften zusätzlichen Belastungen für die Stadt erwartet." Dies stellte ADD-Sprecher Karsten Deicke gegenüber dem TV noch im August 2004 klar. Jetzt ist alles anders: Es gibt einen sechsstelligen Verlust. Den Löwenanteil daran schreibt die Castel GmbH dem Schul- und Vereinssport zu. An mehr als doppelt so vielen Tagen wie vereinbart hätten Schulen und Vereine die Halle genutzt. "Erhebliche Mehrkosten" seien so entstanden. In Zahlen: Statt der für den Vereinssport kalkulierten und von der Stadt abgegoltenen 95 000 Euro summierten sich nach Angaben der Stadtverwaltung die Kosten auf rund 309 000 Euro. Das Nutzungskonzept, das ursprünglich keine Mehrkosten für Trier vorsah, ist damit ad absurdum geführt worden – ohne dass der Stadtrat im Vorfeld über die Konsequenzen der stärkeren Nutzung durch Schulen und Vereine informiert wurde. Verluste nicht allein durch Schul- und Vereinssport

Die hohen Kosten entstanden dabei nicht allein aus höheren Energiekosten, die durch die Nutzung der Halle im Vergleich zum Leerstand anfallen. Auch andere Kosten wurden anteilig auf den Schul- und Vereinssport umgelegt: Zum Beispiel 29 000 Euro für allgemeine Abschreibungen der GmbH, 5000 Euro für eine Reinigungsmaschine, die auch sonst im Einsatz ist, 38 000 Euro für Technikergehälter und 5600 Euro als Umlage aus "sonstigen betrieblichen Aufwendungen". Sogar mit dem Auf- und Abbau nach Spielen der Trierer Basket- und Handballprofis, der mit 40 000 Euro zu Buche schlägt, wurde das Schulsportkonto belastet. Der Stadtrat müsse im Nachhinein einen Kostenausgleich bewilligen, fordert nun Sportdezernent Georg Bernarding. Die Miete für den Breitensport soll auf rund 309 000 Euro angehoben, für das abgelaufene Geschäftsjahr rückwirkend eine einmalige Zahlung von rund 221 000 Euro gewährt werden. Dabei dürften die Verluste der Halle nicht alleine dem Schul- und Vereinssport zuzuschreiben sein. Bei der Höhe der Einnahmen, etwa aus Vermietungen der Halle an Konzert- und Show-Veranstalter, haben sich die Finanzplaner der Arena offenbar verkalkuliert: Es wurden in diesem Bereich rund 410 000 Euro weniger erlöst als im Businessplan zuvor angesetzt. "Wirtschaftspläne und Bilanzen sind nicht vergleichbar", heißt es dazu aus dem Rathaus. Zwei Beispiele: Laut Businessplan waren neben Musik- und Show-Veranstaltungen auch zehn Ausstellungen pro Jahr kalkuliert, die rund 51 600 Euro in die Kasse der Castel GmbH spülen sollten. Tatsächlich realisiert wurde keine. Weiter wurde mit 130 000 Euro aus "Verkaufsveranstaltungen, Themengastronomie etc." gerechnet. Aber: "In diesem Bereich haben nur zwei Veranstaltungen im kleineren Rahmen stattgefunden. Die Erlöse beliefen sich auf etwa 15 000 Euro", antwortet die Stadtverwaltung auf TV-Anfrage. Die Begründung: "Das Nutzungskonzept der Halle muss auch im Einklang mit dem Einzelhandelskonzept stehen. Selbstbeschränkungen bei der Veranstaltungsakquisition sind daher unerlässlich." Dabei kann es mit der Selbstbeschränkung mit Rücksicht auf den innerstädtischen Einzelhandel nicht so weit her sein: Erst im März – also im noch laufenden Geschäftsjahr – hat die Vermietung der Arena an einen Schuhgroßhändler die Einzelhändler der City verstimmt. "Das Konfliktpotenzial einer solchen Verkaufsbörse ist mir einfach nicht bewusst gewesen", räumte Arena-Geschäftsführer Wolfgang Esser in diesem Zusammenhang erst vor zwei Monaten gegenüber dem TV ein. Verantwortliche geben sich unverdrossen

Bei Gastronomie und Werbung sind ebenfalls Einnahmen ausgeblieben. Dies bestätigte die Stadtverwaltung dem TV. Aber obwohl bisher kein finanzkräftiger Sponsor für den Namen der Halle gefunden wurde, geben die Verantwortlichen sich unverdrossen: "Unter Berücksichtigung der Kapazität, der Nutzungs- und Veranstaltungskonzepte und der jährlichen Besucherzahlen erscheint die anvisierte Größenordnung von 300 000 Euro jährlich für die Namensrechte realistisch." Der federführende Sportdezernent Georg Bernarding sah die Angelegenheit schon im März 2003 gelassen: "Ganz ohne Risiko ist ein solches Projekt eben nicht zu haben." Ähnlich sieht das Castel-Geschäftsführer Wolfgang Esser. In einer aktuellen Pressemitteilung heißt es, die Arena weise ein "sehr gutes Kosten-Leistungs-Verhältnis" auf. Schon im dritten Wirtschaftsjahr scheine es möglich, ein ausgeglichenes Ergebnís zu erzielen. Esser: "Dies wäre für den Betrieb einer solchen Halle ein absolutes Novum."

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort