"Instinktlos und unverschämt"

Bei der gestrigen Auftaktdebatte über eine "Anpassung von Dienst- und Versorgungsbezügen" im Bundestag demonstrierten die Redner von Union und SPD kollektive Entschlossenheit: Die geplante kräftige Aufstockung der Diäten sei konsequent und richtig.

Berlin. Hinter den politischen Kulissen scheint jedoch die Furcht vor dem Wählerzorn zu wachsen. "Ich werde dieser neuerlichen Anhebung nicht zustimmen, das ist meine ganz persönliche Entscheidung", sagte der SPD-Abgeordnete Dieter Wiefelspütz unserer Zeitung. Diese Auffassung teilt der Sozialdemokrat mit etwa zwei Dutzend Mitgliedern seiner Fraktion. Ungefähr so viele waren es, die sich bei einer internen Probeabstimmung dem Gehaltszuschlag verweigerten.Nach den Vorstellungen der Koalitionsspitzen sollen die Bezüge binnen drei Jahren stufenweise um insgesamt 1150 auf 8159 Euro steigen. Gemessen am Jahr 2007 wäre das eine Erhöhung um satte 16,4 Prozent. Dabei hatte es in der Begründung für die im November beschlossene Erhöhung noch geheißen, dass die nächste Anpassung "frühestens im Jahre 2010" komme. Eine rechtliche Schranke gegen den neuesten Diäten-Coup lässt sich daraus aber nicht konstruieren. Schließlich planen Union und SPD eine Änderung des Gesetzes.

Besonders bei der Opposition herrscht allerdings große Verärgerung darüber, dass die Erhöhung der Diäten erstmals nicht in einer eigenen Vorlage, sondern im Rahmen des Gesetzes zur Anpassung der Beamtenbesoldung und der Ministergehälter festgezurrt werden soll. Dadurch ist es den Abgeordneten verwehrt, dem unstrittigen jüngsten Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst zuzustimmen, aber die Erhöhung des eigenen Salärs abzulehnen. Die Opposition hält dies für "instinktlos" und eine "glatte Unverschämtheit". Voraussichtlich am 29. Mai will das Parlament endgültig über die Diäten abstimmen.

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