Iris Berben spricht im TV-Interview über ihren Kampf gegen rechts

Sie gehört zu den beliebtesten und erfolgreichsten Schauspielerinnen des Landes: Iris Berben. Während sich andere Prominente mit politischen Einlassungen zurückhalten, bezieht die 65-Jährige gerne offensiv Stellung. Unsere Berliner Korrespondenten Hagen Strauß und Stefan Vetter sprachen mit Iris Berben über Angela Merkel, verunsicherte Deutsche und Leidenschaft in der Politik.

Frau Berben, Sie engagieren sich seit Jahren gegen Fremdenfeindlichkeit. Haben Sie in diesen Tagen das Gefühl, dass Ihr Engagement umsonst gewesen ist?

Iris Berben: Ich hoffe nicht. Aber ich stelle mir schon viele Fragen. Diese massive Brutalität, dieses offene Zur-Schau-Stellen von rechter Gesinnung, dieses Sich-nicht-mehr-zu-Schämen, bereitet mir große Sorgen. Viele Menschen scheinen in der Flüchtlingsfrage ein Ventil gefunden zu haben.

Im jetzt erschienenen Buch "Mein Kampf gegen Rechts" schreiben Sie, die Zunahme von Intoleranz sei viel zu lange unterschätzt worden. Woran hat das gelegen?

Berben: Es kommt ja alles nicht plötzlich und unerwartet. In den 1990er Jahren, nach Solingen und Lichtenhagen, gab es eine große Debatte über Fremdenfeindlichkeit. Das war alles schon mal da. Nur sind daraus keine Konsequenzen gezogen worden. Heute kommt hinzu, dass wir mit einer Weltveränderung leben müssen. Wir alle müssen uns verändern. Vielen Menschen fällt das offenkundig schwer.

Ist Angela Merkels Flüchtlingspolitik richtig?

Berben: Ich finde, ja. Ich bin von ihrer Konsequenz beeindruckt. Sie zeigt Haltung. Und das ehrt sie in meinen Augen. Wer ruft, Merkel muss weg, muss sich doch fragen, was dies bedeuten würde: Mauern hochziehen? Und dann bleiben die Flüchtlinge draußen? Das ist naiv gedacht. So funktioniert die Welt nicht mehr.

Aber dennoch stellt sich die Frage, wie viel Zuwanderung ein Land vertragen kann …

Berben: Ich bin keine Politikerin. Aber ich weiß, dass es in der Flüchtlingsfrage keine einfachen Antworten gibt. Ich glaube deshalb, jetzt wäre ein Zeitpunkt gekommen, an dem die Parteien ein ganz großes Problem miteinander lösen müssen. Wahrheit ist jetzt das beste Mittel. Parteipolitische Machtkämpfe lassen nur noch mehr Menschen zu Pegida und AfD wechseln.

Haben Sie Verständnis für Sorgen und Ängste?

Berben: Ich begreife die Ängste, die Unsicherheiten. Ich will das überhaupt nicht kleinreden. Es gibt viele Menschen, die mit ihren großen Problemen viel zu tun haben. Das rechtfertigt aber in keiner Weise, bei den Rechten mitzumarschieren. Ich kann auch die vielen Menschen verstehen, die sagen, ich bin müde, ich möchte von den etablierten Parteien nichts mehr wissen.

Was kritisieren Sie denn an den etablierten Parteien?

Berben: Ich bin mit einer anderen Politik groß geworden. Mit leidenschaftlichen Menschen, die um die Sache gekämpft haben. Heute ist Politik Management. Das Emotionale fehlt. Und zwar ohne dass es nationalistisch wird.

Wenn Sie mehr Emotionen wollen, sind Sie bei Frau Merkel falsch ...

Berben: Das weiß ich. Aber im Moment ist ihre Haltung sehr leidenschaftlich. Ich glaube aus tiefstem Herzen, dass sie überzeugt ist, richtig zu handeln.

Haben Sie Angst vor der AfD?

Berben: Ich möchte alles dafür tun, dass diese Partei nicht in Parlamente kommt. Wenn die AfD-Vorsitzende über einen Schießbefehl an den Grenzen schwadroniert und ihre Sätze auf Druck wieder zurücknimmt, dann ist doch ihre Haltung keine andere.

Sie gehören zu den Prominenten, die immer klar Position bezogen haben. Was treibt Sie an?

Berben: Ich bin nicht 24 Stunden am Tag Schauspielerin. Ich habe ein Kind hier erzogen, ich gehe hier einkaufen, ich mache meinen Alltag hier. Ich lebe in diesem Land. Das ist mein Land, für das ich mich engagiere.

Würden Sie sich wünschen, dass mehr Prominente Gesicht zeigen?

Berben: Ich habe mit vielen Kollegen darüber gesprochen. Die Reaktionen sind unterschiedlich. Einige wollen sich nicht politisch vereinnahmen lassen. Auch, weil das für ihre Fans ein Problem sein könnte. Andere möchten sich auf keinen Fall öffentlich engagieren, sondern sie tun dies im Stillen. Und es gibt Kollegen, die effektiv nicht interessiert sind. Ich habe niemandem einen Ratschlag zu geben. Ich will auch nicht die Rolle der Vorzeigetante. Auf vieles habe ich ja keine Antworten.

Erleben Sie selbst Hasskommentare und Drohungen?

Berben: Ja. Es ist schlimmer geworden. Ich rede darüber aber ungern, da ich diesen Leuten kein Terrain bieten möchte. Ich bin aber übrigens auch in keinem sozialen Netzwerk unterwegs.
has/vetExtra

Iris Berben wurde am 12. August 1950 in Detmold geboren. Sie spielte in zahlreichen Filmen und Fernsehproduktionen mit. Berben gehört zu den wenigen ihres Faches, die sich auch politisch sehr stark engagieren. Der Kampf gegen Rechtsextremismus, gegen Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz ist für sie zu einer Lebensaufgabe geworden. Entdeckt hat sie das Thema für sich unter anderem durch Reisen nach Israel. Berben hat jetzt das Geleitwort zum soeben erschienenen Buch "Mein Kampf gegen Rechts" der Initiative Gesicht zeigen geschrieben. Darin sind Geschichten von elf Menschen gesammelt, die Zivilcourage zeigen. Der Titel spielt bewusst mit Hitlers Buch "Mein Kampf", das seit Anfang des Jahres wieder kommentiert frei erhältlich ist. has

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