Irrfahrt zur Zahlstelle

TRIER. Von wegen voll automatisch: Längst nicht alle LKW auf deutschen Autobahnen können die Maut ohne Aufwand per Satellit bezahlen. Vor allem ausländische Brummi-Fahrer müssen die Gebühr bar an den Zahlstellen entrichten.

"Der hat eine, der hat keine, der auch nicht." Der Brummi-Fahrer Gerhard Schindler geht über den LKW-Parkplatz am luxemburgisch-deutschen Autobahngrenzübergang Sauertalbrücke und beweist, was er schon lange weiß. Kaum ein ausländischer Laster, der an diesem normalen Wochentag nach Deutschland einreist, hat den kleinen schwarzen Kasten hinter der Windschutzscheibe montiert. Obu heißen die Kästen kurz für Onboard-Unit. Mit ihnen wird jedes Mal, wenn der LKW unter einer Mautbrücke auf der Autobahn fährt, automatisch die Gebühr vom Firmenkonto abgebucht – zwischen neun und 14 Cent je Kilometer, abhängig vom Gewicht, der Achszahl und der Schadstoffklasse des Brummis. Knapp 14 Prozent der Laster auf deutschen Straßen hätten keine OBU, heißt es bei Mautbetreiber Toll-Collect. Was das in der Konsequenz bedeutet, erklärt Gerhard Schindler, der seit über 40 Jahren LKW fährt: "Wenn einer dieser ausländischen LKW zum Beispiel in das Gewerbegebiet Kenn bei Trier fährt, kann er hier von der Raststätte aus ein Mautticket bis zur Autobahnausfahrt Kenn lösen. Will er von dort aus wieder zurück auf die Autobahn, muss er aber erst einmal ein Maut-Terminal suchen, wo er die Gebühr bezahlen kann." In dem von Schindler beschriebenen Fall wäre das nächste Terminal im knapp fünf Kilometer entfernten Trierer Stadtteil Ehrang. Von dort muss der LKW-Fahrer dann wieder zurück auf die Autobahn. Fazit: Zeitverlust, unnötige Kilometer und eventuell eine Fahrt durch ein Wohngebiet, um an die Zahlstelle zu gelangen. Schlange stehen für ein Ticket

Dass es gar nicht so wenige Brummi-Fahrer sind, die die Maut an den Zahlstellen entrichten, zeigt sich an der Raststätte Sauertalbrücke auf luxemburgischer Seite. Waren zu Beginn der LKW-Maut noch zwei Terminals in dem Restaurant installiert, sind es mittlerweile vier. Zur Zeit wird Nummer fünf vor der Gaststätte gerade vorbereitet. "Sonntags abends, wenn die LKW in Deutschland wieder fahren dürfen, stehen die Fahrer hier Schlange, um ein Ticket zu ziehen. Da warten Sie schnell mal eine Stunde", sagt Schindler. Für einen Schildbürgerstreich hält er die einzige Zahlstation in Trier. Statt an der letzten Tankstelle vor der Autobahnauffahrt können die Brummifahrer ohne Obu ihre Maut nur an der gegenüberliegenden Tankstelle stadtauswärts entrichten. Das Dumme daran ist: Seit einiger Zeit ist die Linksabbiegespur zu eben dieser Tankstelle gesperrt. Daher verstopfen immer öfter vornehmlich ausländische LKW die rechte Fahrspur der viel befahrenen Zurmaienerstraße Richtung Autobahn, wenn sie ihren Laster dort abstellen, um zur Tankstelle zu laufen und dort ihr Maut-Ticket zu ziehen. Es sei halt schwierig, genügend Tankstellenpächter zu finden, die sich ein Maut-Terminal hinstellten, erklärt Harald Lindlar, Sprecher des Mautbetreibers Toll-Collect. Daher müssten die LKW ohne Obu halt mal ein bisschen weiter fahren, bis sie einchecken könnten. Laut Toll-Collect wird nur in drei Prozent aller Fälle von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, die Maut übers Internet zu zahlen. "Warum gibt es nicht wie in Frankreich an jeder Autobahnauffahrt eine Zahlstelle?" fragt sich Schindler. "Zu teuer", heißt es dazu nur bei Toll-Collect. Man setze weiterhin drauf, dass demnächst fast alle LKW, auch ausländische, mit Obu ausgestattet seien.

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