Ja, nein, aber…

Berlin . In der Union wächst die Bereitschaft, einer raschen Steuersenkung im Bundesrat zuzustimmen. Nun schwenkt auch Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) ein.

Vor kurzem schickten die obersten Mittelständler der Union, Hartmut Schauerte, Peter Rauen (beide CDU) und Hans Michelbach (CSU), den schwarzen Landesfürsten einen Brief. Darin rechneten die drei ihren Parteifreunden genau vor, wie das "unbedingt erforderliche" Vorziehen der Steuerreform und die damit verbundene Entlastung von 15,5 Milliarden Euro "solide gegenfinanziert" werden könne. Das, glaubt Schauerte nun überaus selbstbewusst, habe den Thüringer Regierungschef Dieter Althaus und Baden-Württembergs Landesvater Erwin Teufel zumindest mit veranlasst, zu sagen, "wir werden es auf jeden Fall machen." Aber werden sie wirklich im Dezember im Bundesrat zustimmen und Rot-Grün zur Mehrheit verhelfen? Die Union steckt in einem großen Dilemma. Seit Bundeskanzler Gerhard Schröder Ende Juni in Neuhardenberg das Vorziehen der Entlastungen verkündet hat, fehlt ein einheitliches Ja oder ein einheitliches Nein für die Verhandlungen mit der Koalition. Und inzwischen sieht es sogar danach aus, als ob den C-Parteien in der Länderkammer die Spaltung droht - die Kompromissbereiten wie Althaus, Teufel und der Bayer Edmund Stoiber stehen den Nein-Sagern Christian Wulff (Niedersachsen) und Roland Koch (Hessen) gegenüber. Alle - und dazu zählt auch die CDU-Vorsitzende Angela Merkel - brachten es allerdings in den letzten Monaten fertig, ebenso "Ja, aber" oder "Nein, aber" zu sagen. Wirrwarr pur also im Lager der Konservativen. Dunkle Erinnerungen werden da bei manchem Christdemokraten an den Sommer 2000 wach, als sich Gerhard Schröder und sein Finanzminister Hans Eichel (SPD) bereits einmal in den Armen lagen. Damals gelang es beiden, die schwarze Front gegen die rot-grüne Steuerreform zuknacken und die Unionsspitze bis auf die Knochen zu blamieren. Das droht nun wieder. Im Regierungslager wittert man jetzt mehr denn je Morgenluft, die erforderliche Mehrheit durch die Stimmen der SPD-regierten Länder (aus Solidarität zum gebeutelten Kanzler habe sie ihre Bedenken ad acta gelegt), durch das Votum der großen Koalitionen (Bremen, Brandenburg) und durch zwei Länder aus der Unionsecke zu erreichen. "Bei der Abstimmung im Bundesrat vertreten wir zuallererst die Interessen des Landes", will sich nämlich der Thüringer CDU-Regent Althaus nicht auf eine Parteilinie der Union festlegen lassen. Beim Geld bleibt auch Teufel vage

Erwin Teufel aus dem Ländle kann sich zudem eine "Situation vorstellen, in der einige Kollegen bei ihrem Nein bleiben, Baden-Württemberg aber trotzdem zustimmt." Und zwar dann, wenn höchstens ein Viertel des Vorziehens der Reform über Schulden finanziert wird. "Ja, aber", heißt daher die Position. Neu ist sie jedoch nicht. Und woher der Rest des Geldes kommen soll, in dieser Frage bleibt Teufel auch gerne vage. Sein Vize und Koalitionspartner, der damit Einfluss auf das Abstimmungsverhalten im Bundesrat hat, will sogar noch großzügiger sein: "Ein Drittel" Finanzierung über neue Schulden würde er akzeptieren, meinte FDP-Mann Walter Döring am Montagabend bei einem Vortrag in Berlin. Anfang November liegen die Ergebnisse der Steuerschätzungen vor, dann wollen sich Parteichefin Merkel und die Landesfürsten treffen. Ein gespaltenes Votum zum Vorziehen der Reform könnte dabei herauskommen. Noch hofft der einflussreiche Mittleständler Hartmut Schauerte allerdings, dass "unsere Ministerpräsidenten mit unserem Vorschlag in die Debatte gehen". Durch Privatisierung von Telekom und Postaktien, durch Goldverkäufe der Bundesbank und verschärftem Subventionsabbau sollen die Entlastungen gegenfinanziert werden. Auch Nein-Sager wie Roland Koch könnten sich mit dem Plan anfreunden, "wenn die taktischen Fragen da mal zurücktreten". Ob es so kommen wird?

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