Jetzt auch das Brot

Nicht nur Milchprodukte und Fleisch werden teurer. Für Brot, Brötchen und Kleingebäck muss der Kunde demnächst wohl auch tiefer in die Tasche greifen. "Der Boden für Preiserhöhungen scheint bereitet", meinte der Backwaren-Experte Jürgen-Michael Brümmer gestern in Berlin.

Berlin. Zuvor hatten die Zentrale Markt und Preisberichtsstelle (ZMP) und der Zentralverband des deutschen Bäckerhandwerks eine Preiserhöhung bei Brot für den kommenden Herbst prophezeit, ohne allerdings konkrete Zahlen zu nennen. Die Ursachen für den Preisschub auf breiter Front sind breitgefächert. Zum einen wird die Herstellung von Lebensmitteln durch gestiegene Öl- und Strompreise verteuert. Zum anderen ist das Getreide auf den Weltmärkten knapp geworden. "Seit Jahren übersteigt die Nachfrage das Angebot", erklärte der Geschäftsführer der Vereinigung Getreide-, Markt- und Ernährungsforschung (GMF), Heiko Zentgraf. Noch sei nicht absehbar, wann sich daran etwas ändere. Wegen der weltweit starken Getreide-Nachfrage vor allem in China und Indien sind allein die Mehlpreise seit Beginn des Vorjahres um mehr als die Hälfte gestiegen. Hinzu kommt, dass Weizen und Roggen nicht nur die Grundlage für viele Lebensmittel bilden, sondern zunehmend auch der Biokraftstoffgewinnung dienen. Nach Ansicht von Agrar-Experten sind die Preiserhöhungen Ausdruck einer längst überfälligen Markt-Korrektur. In den vergangenen 20 bis 30 Jahren hätten sich Nahrungsmittel im Verhältnis zu den Löhnen immer weiter verbilligt, klagte jüngst Bauernpräsident Gerd Sonnleitner. Zahlen des Kölner Instituts der deutschen Wirtschaft geben dem Verbandfunktionär Recht: Musste ein Deutscher im Jahr 1960 noch 20 Minuten für ein Mischbrot arbeiten, so waren es 2006 lediglich zehn Minuten. Dabei hat sich der Brotpreis in dieser Zeit fast versechsfacht. In den letzten Jahrzehnten gaben die Bundesbürger anteilmäßig immer weniger für Nahrungsmittel aus. Inzwischen sind es nur noch etwa zwölf Prozent ihres Haushaltsbudgets. Kein Wunder, dass das deutsche Preisniveau bei Lebensmitteln unter dem EU-Durchschnitt liegt. Am teuersten sind Nahrungsmittel in Dänemark und Irland, am billigsten in Tschechien und Polen. Die Ursachen der deutschen Sonderstellung resultieren aus einer starken Präsenz der Billigdiscounter. Nach Ansicht von GMF-Geschäftsführer Zentgraf hätte ein Kostenschub bei Brot kaum Einfluss auf das Konsumverhalten. Die Erfahrung zeige, dass sich Brot als "nicht stark preissensibel" erwiesen habe. Mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von 86,9 Kilogramm Brot, Brötchen und Kleingebäck im letzten Getreidewirtschaftsjahr liegt Deutschland an der Spitze in der Europäischen Union.

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