Kampf gegen Paragrafen und einen Wust an Bürokratie

Regionalkonferenzen, Bürgerkongresse, Arbeitsgruppen: Bei der geplanten Kommunalreform sollen die Politiker nicht unter sich bleiben. Bevor am 31. Mai Bürger in der Trierer Europahalle zusammenkommen, erschallte bereits in Versammlungen in anderen Landesteilen der Ruf nach weniger Bürokratie und Paragrafen.

Mainz. Eine Verwaltungsreform mit umfassender Bürgerbeteiligung hat Ministerpräsident Kurt Beck versprochen, auch wenn am Ende der Landtag das entscheidende Wort hat. In den bislang landesweit vier Bürgerkongressen haben die Rheinland-Pfälzer mit ihren Forderungen nicht hinter dem Berg gehalten: Neben dem Ruf nach Bürgerbüros als zentrale Anlaufstellen der Verwaltung für alle Angelegenheiten kam reichlich Kritik an Vorschriften-Dschungel, umständlicher Bürokratie und unklaren Zuständigkeiten. Auch neue kommunale Grenzen bei Kreisen oder Verbandsgemeinden scheinen für viele Landesbewohner keineswegs tabu zu sein. Wenn mit der Trierer Veranstaltung die Reihe der Bürgerkongresse zu Ende ist, geht es mit landesweit insgesamt sechs mehrtägigen Arbeitsgruppen (Planungszellen) in die nächste Runde der Beteiligung. Zwei der viertägigen Veranstaltungen werden vom 17. bis 20. Juni mit mehreren Dutzend zufällig ausgewählter Bürger parallel in Prüm über die Bühne gehen. Am Ende der intensiven Beratungen unter Leitung eines unabhängigen Instituts sollen Bürgergutachten mit Empfehlungen stehen. Wenn in rund einem Jahr ein Reformkonzept vorgelegt wird, sollen vor dem Beginn der Parlamentsberatungen Ende 2009 die Rheinland-Pfälzer in einer zweiten Stufe erneut in die Diskussion eingebunden werden, versicherte Ministerpräsident Kurt Beck. Rund 600 000 Euro lässt sich das Land die Einbindung seiner Bürger in das Reformprojekt insgesamt kosten. Ziel neuer Strukturen und Gebietszuschnitte ist, die Verwaltung auch bei rückläufiger Bevölkerungszahl mit ihren direkten Dienstleistungen so nah wie möglich beim Bürger zu belassen und gleichzeitig wirtschaftlich zu arbeiten. Angestrebt werden überschaubare Größenverhältnisse. Erste Überlegungen, die Zahl der 24 Landkreise und 163 Verbandsgemeinden deutlich zu reduzieren, sind inzwischen jedoch längst passé. "Klein ist fein", so hieß die zuletzt von Innenminister Karl Peter Bruch (SPD) verbreitete Devise. Staatliche Aufgaben sollen von Landesbehörden an die Kommunen abgegeben, Zuständigkeiten innerhalb der kommunalen Ebene neu verteilt werden. Wie schwer sich jedoch Ministerien tun, Zuständigkeiten aus dem eigenen Bereich und ihren untergeordneten Ämtern an die kommunale Ebene abzugeben, zeigte sich im vergangenen Jahr, als im Innenministerium eine 33- Punkte-Liste kursierte, in der nichts Gewichtiges außer der Schulträgerschaft und der kommunalen Straßenbaulast zur Neuverteilung vorgeschlagen wurde. "Viel zu dürftig", lautete die allgemeine Kritik. Anschließend begann ein politisches Ping-Pong-Spiel vor allem zwischen SPD und CDU. Die Union warf der SPD vor, bei den Verlagerungen der Kompetenzen von "oben nach unten" Stückwerk zu produzieren, bei dem Ministerien und die mittlere Landesverwaltung ungeschoren davon kommen sollten. Die SPD ihrerseits hielt der CDU eine Verweigerungshaltung vor, weil die Union auf eine umfassende Einbeziehung der im Jahr 2000 neu geschaffenen Aufsichts- und Genehmigungsdirektionen (ehemalige Bezirksregierungen) in die Strukturänderungen besteht und zudem den Sinn einer Gebietsreform bezweifelt. Die FDP, die 2005 mit dem Ruf des damaligen Partei-Vizes Hans-Artur Bauckhage nach Abschaffung der Verbandsgemeinden die Reformdiskussion anstieß, ist von dieser Maximalforderung angesichts des Widerstands der beiden großen Parteien weitgehend abgerückt. Nun fordert sie nur möglichst wenig Staat und eine Stärkung der Kommunen.

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